April letzten Jahres habe ich über die großen Tanker „Kernbankverfahren“ (siehe Bericht) geschrieben, die es den Banken schwer möglich machen, ihre Dienste in kleinen Komponenten Drittanbietern zur Verfügung zu stellen – das Stichwort war „API-Banking“.
Mein Beispiel war damals die Buchung einer Pauschalreise, bei der als Bezahlvorgang ein Kreditzahlung herauskommen könnte. Einer Sparkasse oder Volksbank ist eine solche Anbindung unmöglich – die geschlossenen Kernbankverfahren stellen solche Schnittstellen (API’s = Application Programmable Interface) einfach nicht zur Verfügung.
Knapp ein Jahr später im März diesen Jahres trat dann die solarisBank auf den Plan, die genau ein solches API-Banking mit einer eigenen Banklizenz anbieten wollte. „Bankdienstleistungen aus der Steckdose“ war das Schlagwort.
Nun hat das europaweit größte Automobil-Anzeigenportal „Autoscout24“ den Stecker einfach mal in die Steckdose gesteckt und nutzt den Sofortkredit-Baustein der solarisBank, wie in einer Pressemitteilung vom 09.08.2016 mitgeteilt wird. API-Banking aus dem Lehrbuch eben.
Aktuell kann somit der Kunde von Autoscout24 Kredite zwischen 1.000 und 15.000 Euro direkt in der App beantragen und zur Finanzierung seines Autokaufs nutzen. In Kürze wird sich die Obergrenze des Kreditvolumens weiter erhöhen.
„Wer mit dem Smartphone sein neues Fahrzeug aussucht, will nicht für eine Finanzierung des Kaufs in die gute, alte Bankfiliale. Wir verstehen uns als digitaler Vorreiter und stellen den Menschen in den Mittelpunkt. Wir wollen unsere Nutzer stets optimal digital unterstützen und haben deshalb die innovative Kooperation mit der solarisBank geschaffen.“
Ralf Weitz, Vice President Scout24Media
In diesem Fall ist aber nicht nur das Geschäft von der Bankfiliale weg-digitalisiert worden, sondern wandert an einen ganz neuen Anbieter. Selbst wenn die Hausbank ein noch so komfortables Online-Banking mit Sofort-Kreditmöglichkeit anbietet – für den Kunden ist es deutlich einfacher, gleich im Portal beim Autokauf den entsprechenden Knopf zu drücken.
Wer länger im Geschäft unterwegs ist, den erinnert das an die Gründung der Autobanken. Damals waren die Banken zuversichtlich, dass der Kunde den Kredit nicht gleich beim Autohändler abschließt, sondern zum Vergleich zu seiner Hausbank kommt und man dann schon durch Service und Konditionen punkten kann. Das hat alles nicht geklappt – den Kredit beim Händler gleich zu beantragen und nicht erst mit einem (damals notwendigen) bestätigten LZB-Scheck oder Bargeld von der Hausbank zum Händler zu gehen, war einfacher – neben den meist besseren Konditionen.
Heute haben wir wieder exakt die gleiche Situation wie damals auf digitaler Basis – und es scheint, dass die Banken den gleichen Fehler erneut machen werden. Nur diesmal sind es nicht „nur“ Autobanken, sondern Konkurrenten, die sämtliche Kreditgeschäfte in allen Branchen digital viel besser abdecken können.
Die IT-Dienstleister und -Abteilungen der Banken haben hier jahrelang geschlafen. Man hat alles dafür getan, möglichst niemanden auf die Systeme zu lassen und sich bestmöglich abgeschottet. Anstatt das Kernbankverfahren so zu öffnen, dass Bankdienstleistungen möglichst weit angeboten und damit das Geld verdient werden kann, hat man sich gut gesicherte Inseln gebaut. So lange der Kunde noch in seine Filiale kam, war das sehr bequem.
Selbst die wenigen Schnittstellen für Endkunden wie HBCI sind inzwischen hoffnungslos veraltet und werden nach wie vor nicht von allen Banken angeboten. Spätestens Anfang 2018 sind aber die Schnittstellen auf Basis der 2. Zahlungsdiesterichtlinie (PSDII) zu öffnen. Dies kann man als Angriff oder aber als Chance sehen.