H:32

Fintech Hub Berlin H:32 – Symbolik pur

Die Bankenbranche ist im Umbruch – das ist wahrlich keine neue Information. Was das aber wirklich bedeutet, kann man in Berlin im Hub H:32 gut erkennen.

Hätte man vor 10 Jahren im Hauptsitz der ehrwürdigen Berliner Bank – immerhin 1950 gegründet – prognostiziert, dass hier heute junge Menschen aus der ganzen Welt in kleinen, hochdynamischen Technologieunternehmen arbeiten und dabei Banking neu definieren – man hätte maximal ein arrogantes Lächeln geerntet.

So ist es jetzt aber: die Startup-Szene ist eingezogen. Die Parkplätze sind leer, Unkraut beginnt zu wachsen und man kann noch erkennen, wo die Namensschilder an den Parkplätzen hingen – die ehemaligen Statussymbole der Führungskräfte. Die meist jungen Menschen kommen mit dem Fahrrad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln. Anzüge und Krawatten sieht man nicht mehr – im Sommer sind es T-Shirts und kurze Hosen. Es wird eine Mischung aus englisch und deutsch gesprochen. Die Internationalität ist kein Problem – ganz im Gegenteil. Ausländische Kollegen werden nicht als Konkurrenz, sondern als dringend benötigte Unterstützung und Bereicherung angesehen. Der Kontrast zu einer klassischen Bank könnte auffälliger nicht sein.

Der derzeit europaweit größte Hub (=Knotenpunkt) für FinTechs geht auf eine Initiative des Wirtschaftsministeriums zurück – bundesweit sind es zwölf für jeweils unterschiedliche Themengebiete. In Berlin teilt sich mit Frankfurt die Finanzszene. Der Fintech Hub “H:32” soll ein offenes Haus für alle, die sich für die Digitalisierung des Finanzwesens interessieren sein. Ein Ort, an dem sich internationale Investoren, Banken, Versicherungen und Fintechs treffen, arbeiten und voneinander lernen können.

Von der Stadt Berlin wurde die Start-Up-Schmiede “FinLeap” beauftragt, diesen Hub aufzubauen. Betrieben wird er vom Co-Working-Space-Anbieter “Scaling Spaces“. Neben FinLeap selbst sind auch von ihr gegründete Firmen eingezogen. Dazu gehören die Banking Plattform solarisBank, PAIR Finance, zinsbaustein.de oder FINREACH. Aber auch die eher “klassische” Direktbank DKB ist eingezogen.

H:32 (Hardenbergstraße 32) stehen insgesamt 11.000 Quadratmeter zur Verfügung, unter anderem auch für Veranstaltungen mit mehreren hundert Teilnehmern.

Nebenbei: die Berliner Bank gibt es inzwischen nicht mehr – sie wurde mit 67 Jahren von der Mutter “Deutsche Bank” in Rente geschickt. Die vor 10 Jahren wahrscheinlich noch selbstsicheren Banker arbeiten inzwischen nicht mehr in dem Gebäude. Sie wurden von Start-Ups verdrängt. Wir leben in Zeiten, wo N26 in kurzer Zeit 1 Million und Revolut gar doppelt so viele Kunden gewinnen konnten – nur mit Software.

H:32-firmen

Die Firmen in H:32

Besuch bei Cringle

IMG_0498Ich hatte schon einmal über das Startup Cringle berichtet. Nun habe ich die Einladung von Co-Founder & CEO Joschka Friedag wahrgenommen und ihn im Cringle-Office in Berlin besucht.

Dieser – inzwischen 100. – Blogbeitrag ist somit ganz meinem spannenden Gespräch mit Joschka Friedag (danke an dieser Stelle) und einem Blick hinter die Kulissen von Cringle gewidmet.

Zunächst einmal wollte ich wissen, wo denn eigentlich der Name herkommt. Wie so oft bei Namensfindungen war es auch hier kein ganz direkter Weg.

Ursprung war ein gemeinsames Projekt der Gründer an der Uni zu einem mathematischen Algorithmus, der Freundeskreise erkennen kann („Circle algorithm“). Der Algorithmus ist letztendlich nicht Teil der Software geworden, der Name aber geblieben. Wobei der „Kreis“ für die Anwendung auch ein gutes Synonym ist, schließlich handelt es sch um eine Lösung im Freundeskreis.Darüber kam man dann auf das runde Gebäck “Cringle”. Wichtig war den Gründern, das man den Eigennamen als Verb benutzen kann – man also “cringeln” kann.

Am meisten hat mich interessiert, wie das Geschäftsmodell von Cringle aussieht. Joschka betonte daraufhin, dass es extrem wichtig ist, keine “eierlegende Wollmilchsau” zu bauen, sondern den einfachen Prozess “Geld versenden und empfangen” einfach und optimal dem Anwender bereitzustellen. Neue Funktionen werden nur mit sehr viel Bedacht und gut überlegt eingebaut. Cringle stellt seinen Service den Banken zur Verfügung und generiert darüber seine Einnahmen, denn die Transaktionen für den Endbenutzer sind seit einiger Zeit kostenfrei. Aktuell ist die DKB Kooperationspartner, also quasi der erste Kunde. Cringle ist optimistisch, bald weitere Kunden präsentieren zu können – der nächste steht wohl schon vor der Tür.

Cringle sieht sich europäisch aufgestellt, auch wenn derzeit die Aktivitäten noch auf Deutschland beschränkt sind. Als großes Vorbild für das Geschäftsmodell gilt Dänemark, wo die Danske Bank vor ungefähr zwei Jahren eine ähnliche App auf den Markt brachte – Mobile Pay. Ein durchschlagender Erfolg mit rund 2,5 Millionen Nutzern (bei rund 5.6 Millionen Einwohnern). Auf einem ähnlich erfolgreichen Weg ist Schweden unterwegs, wo das Bargeld ja schon eine deutlich geringere Rolle spielt als noch in Deutschland. Es gibt also deutlichen Nachholbedarf. Ziel ist es für Cringle, sich erfolgreich am Markt zu platzieren, bevor die “großen” amerikanischen Anbieter entsprechende Funktionen in Deutschland anbieten.

Die Hauptzielgruppe von Cringle ist die Generation unter 35 Jahren. Hier wird die Anwendung auch regelmäßig genutzt. 65% der Nutzer sind in dieser Zielgruppe beheimatet. Betrachtet man nur die aktiven Nutzer, ist die Zahl sogar noch deutlich höher. Die Anzahl der Nutzer/Transaktionen ist auch ziemlich beeindruckend – auch wenn ich sie hier nicht veröffentlichen kann. Aber exklusiv für diesen Blog hat mir Joschka Friedag noch zwei Zahlen verraten: die durchschnittliche Transaktionshöhe liegt bei rund 17€ – es sind also bei weitem nicht nur Centbeträge im Spiel. Und immerhin 68% der Nutzer sind loyal, d.h. haben nach der ersten auch mindestens eine weitere Zahlung vorgenommen.

Betrachtet man sich die App auf dem Mobilgerät, so scheint sie sehr banal – “Senden”, “Empfangen” und ein paar Funktionen drumherum. Genau das ist auch das Ziel – ein möglichst einfaches Frontend. Umso mehr Gehirnschmalz steckt dafür in der Backend-Technologie. Die Plattform muss vollständig automatisiert funktionieren, damit möglichst geringe Transaktionskosten zustandekommen können. Neben der Zahlungsverbuchung und der Weiterleitung über SEPA zum Bankclearing als Grundfunktionen sind unter anderem auch Geldwäschebekämpfung, Limitsverwaltung, Transaktionslogiken und einem Reportingsystem für die angeschlossenen Banken eingebaut. Auch das Mahnwesen ist vollständig automatisiert: wird eine Lastschrift abgewiesen, kauft Cringle diese der beteiligten Bank im Factoring ab und alle weiteren Mahnschritte erfolgen nach einem festgelegten Prozess ohne manuellen Eingriff. Man ging zunächst von einem Zahlungsausfall von etwas über 2% aus, was aktuellen Studien entspricht. Tatsächlich ist man nur im Promillebereich angekommen.

Mein Fazit: eine motivierte und schlagkräftige Truppe, die klare Visionen mit einem guten Blick auf das Machbare hat. Cringle hat das Zeug dazu, ein Produkt anzubieten, was Banken sehr einfach in ihr Portfolio integrieren können.

Jetzt komplett kostenfrei “cringlen”

Cringle, der Bezahldienst zwischen Privatpersonen (siehe Bericht) hat gestern die AGB’s zum 20.10.2015 geändert und seine Kunden darüber informiert – daraus geht hervor, dass Zahlungen zukünftig komplett kostenfrei sind. Dies wurde heute auch offiziell bestätigt. Gültig ist die Gebührensenkung ab sofort.

Der Dienst hat nach eigenen Angaben inzwischen 13.000 Nutzer und ist im Dezember letzten Jahres online gegangen. Mit diesem Schritt will man die Nutzerbasis  verbreitern. Schon in der Vergangenheit wurden den Nutzer freie Transaktionen angeboten.

Tatsächlich ist “cringeln” sehr einfach: man lädt die App aus dem Store (iOS und Android), meldet sich über seine Mobilfunknummer an und hinterlegt ein Girokonto über das die Transaktionen belastet bzw. gutgeschrieben werden.

“Social Payment” ist nach wie vor ein spannendes Feld und sicherlich auch in Deutschland ein Wachstumsfeld. Zumindest ist das US-Gegenstück “venmo” durchaus erfolgreich. Allerdings haben die Amerikaner auch ein komplett anderes Zahlungsverhalten als die Deutschen.

„Kein ‘Weiter so’ für deutsche Banken“

So schreibt das Handelsblatt Online am 11.05.2015 und bezieht sich dabei auf eine Studie der Boston Consulting Group.

Niedrige Zinsen und die zunehmende Digitalisierung können die Erträge in den nächsten fünf Jahren um bis zu ein Viertel einbrechen lassen. Beim Filialkapazitäten sind nach der Studie 30 bis 50 Prozent zu erwarten. Das Fazit: eine reine Kosteneinsparung wird nicht mehr ausreichen – parallel muss in digitale Projekte investiert werden. Eine genannte Variante ist die Investition in Start-Ups (ein schönes Beispiel dafür ist die Kooperation zwischen der DKB und Cringle – Bericht hier).

Dazu muss aus meiner Sicht aber erst einmal bei den Banken eine neue Offenheit einkehren.

Die Start-Ups dürfen zum einen nicht nur als unliebsame (und vielleicht nicht Ernst zu nehmende Konkurrenz) angesehen werden. Sie liefern interessante Ideen und vielleicht auch vollkommen neue Geschäftsmodelle für die Banken.

Zum zweiten müssen die Banken sich davon verabschieden, dass ihr bisheriges Kerngeschäft auf Ewigkeiten zum Erhalt des Unternehmens beitragen wird. Man ist aktuell immer noch auf das klassische Bankgeschäft fokussiert. Damit dreht sich auch die Innovation in diesem Kreis.

Dabei gibt es genügend Beispiele von Unternehmen, die sich plötzlich in einem ganz anderen Gebiet am Markt etabliert haben:

  • Ein Kaffeehersteller, der inzwischen mit Kaffee nur noch einen Bruchteil seines Umsatzes macht (Tchibo).
  • Ein Industrieunternehmen, welches zu einem der größten Mobilfunkanbieter wird (Mannesmann D2 – inzwischen Teil von Vodafone).
  • Automobilhersteller, die eine Banklizenz erworben haben und eigene Banken gegründet haben.
  • Ein Bergbauunternehmen, welches sich durch Zukauf zum europaweit erfolgreichsten Reiseanbieter gewandelt hat (TUI – vormals Preussag).
  • Neben Obst und Konserven werden Kreditkarten angeboten (die britische Supermarktkette J. Sainsbury) und damit werden die Kunden im margenschwachen Lebensmittelgeschäft gebunden.

Warum sollte also eine Bank nicht auch Obst und Konserven verkaufen? Sicherlich ist das nicht die erste Wahl der Diversifikation des Geschäfts – aber gibt sicherlich viele Beispiele, an die eine Bank im ersten Schritt nicht gleich denkt (oder besser: denken kann) und die durchaus überlegenswert sind.

Immer mehr und neue Unternehmen haben Ideen, wie sie klassische Bankdienstleistungen mit anbieten können. Zeit auch für Euch zum Umdenken, kooperieren und investieren, liebe Banken!

DKB und Cringle

Habe ich vor kurzem in den Berichten über Venmo und die Frage warum die Geschäftsbanken kein “PayPal” machen, hat sich jetzt die DKB mit einem Startup zusammengetan und bietet einen Bezahldienst für Kleinstbeträge an. “Cringle” heisst der Dienst, die DKB wird den Zahlungsverkehr abwickeln – damit ist das Geld sogar durch den Einlagensicherungsfond des Bundesverbandes deutscher Banken abgesichert.

Die Gebührenstruktur ist einfach. Empfangen ist kostenlos, senden kostet 10 ct. je Buchung.

Ebenso einfach ist das ganze Verfahren. Man wählt den Empfänger aus dem eigenen Adressbuch aus und gibt den Betrag ein. Ist der Empfänger auch bei Cringle, hat er das Geld sofort parat. Ist der Empfänger nicht registriert, bekommt er eine SMS gesendet. Die SMS enthält einen Link, über den die Zahlung direkt empfangen werden kann. Natürlich kann man auch Geld von anderen anfordern.

Auch die Anmeldung ist denkbar einfach. Die Anwendung erzeugt nach dem Starten eine SMS an Cringle, die zur Überprüfung der Mobilnummer dient. Dann noch die E-Mail-Adresse eingeben, eine Bankverbindugn und persönliche Adressdaten. Das Ganze dauert rund eine Minute und ist so angelegt, dass man es auf dem Mobilgerät bequem machen kann.IMG_1740

Das Beispiel zeigt, dass eine Geschäftsbank relativ schnell neue Dienste anbieten kann. Man muss nicht alles selber machen! Und der Aufwand für die Integration in das Kernbankenverfahren war wahrscheinlich relativ einfach. Guter Ansatz, DKB!