Buzzword Bingo: Digitalisierung

BUZZWORD
A word or phrase which has become fashionable or popular, 
or sounds technical or important and is used to impress people.

Buzzwords

Bei vielen Diskussionen – ob bei Kunden oder in den Medien – verstärkt sich leider ein Eindruck: es wird „buzzword bingo“ gespielt. Kommt das Wort „Digitalisierung“ mindestens einmal vor, dann zeigt man sich als zukunftsorientiert.

Modeworte haben aber entscheidende Nachteile: jeder benutzt sie (gerne) und die wenigsten haben eine wirklich klare Vorstellung davon, was sich dahinter verbirgt. Dazu sind sie so unspezifisch, dass alles und nichts verstanden werden kann. So ist es auch mit der „Digitalisierung“: es hat irgendetwas mit Computern zu tun („sounds technical“) und es machen derzeit alle. Also muss man natürlich auch mitmachen. Dabei stiftet das Wort eigentlich mehr Verwirrung, als es Klarheit bringt.

Seit Jahren wird digitalisiert

Kaum eine Branche, die nicht bereits seit Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten, digitalisiert. Per Definition ist es das Gegenstück zur analogen Welt – deren Ende spätestens mit Einzug der ersten Personalcomputer in den 1980er-Jahren eingeläutet wurde. Auch wenn damals viele das Läuten noch nicht gehört hatten.

Seitdem wurde digitalisiert bis zum Umfallen. Prozesse wurden schneller und effizienter gemacht. Tausende von Stellenbeschreibungen wurden in den Schredder überführt, weil die Digitalisierung sie überflüssig gemacht hatte. Man sprach von der digitalen Revolution. Nun ist diese noch längst nicht zu Ende.

Der entscheidende Wandel war vor rund 10 Jahren die Einführung der Smartphones und die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Mobilfunknetze. Plötzlich hatte der Verbraucher einen leistungsfähigen Computer nicht nur zu Hause, sondern überall dabei. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Schnittstelle zwischen dem Unternehmen und dem Kunden das Papier, der persönliche Kontakt, im modernen Fall auch eine E-Mail oder vielleicht ein Portal im (lokalen) Internetbrowser des Kunden.

Vom Kunden gedacht

Heute erwartet der Kunde, direkt in die Prozesse des Unternehmens einbezogen zu werden. Die Hardware dazu hat er ja. Aber der Kunde möchte sich nicht in die Regularien und Begrifflichkeiten des Unternehmens einarbeiten. Es muss auch so einfach wie möglich sein. Wer sich heute noch brav im Supermarkt in die Schlange einreiht, der findet morgen Kassen überflüssig. Amazon kann es ja auch: einfach aus dem Regal nehmen – es wird automatisch beim Verlassen des Marktes der Kreditkarte belastet.

„Vom Kunden gedacht“ muss die Prämisse lauten.

Genau hier liegt die Herausforderung für etablierte Unternehmen: es fällt ihnen schwer, die Perspektive zu wechseln. Jahrzehnte haben sie sich selbst optimiert um die (vom Unternehmen definierte Produktpalette) möglichst optimal und kostengünstig verfügbar zu machen. Jetzt müssen sie Unternehmen vollständig verstehen, was der Kunde will und ihm dies mit einfach zu bedienender Technologie und niedrigen Abschlusshürden zur Verfügung stellen. Ja, sie müssen sogar Bedürfnisse vorwegnehmen um sich am Markt vom Wettbewerb abzuheben.

Wie ein Startup agieren

Einige Unternehmen versuchen daher, eine agile Einheit zu etablieren, die wie ein Startup handelt. Die Hoffnung ist, dass dieses „Startup“ irgendwann schon die anderen Unternehmensbereiche befruchten wird. Gerne werden diese Einheiten mit den Begriffen U-Boote, Schnellboote oder andern dynamischen Verkehrsmittelnamen belegt. So wird es aber nicht funktionieren. Die agilen Einheiten scheitern irgendwann doch an den etablierten Strukturen. Ob es das Management selbst ist (nach vielleicht erfolglosen Experimenten „kalte Füße“ bekommt) oder der etablierte Teil des Unternehmens bewusst oder unbewusst die Kollegen ausbremst. Durch eine an allen Strukturen vorbei arbeitende Gruppe werden nicht die Grundprobleme des Unternehmens verändert. Sei es die vielleicht veraltete IT, unflexible Prozesse oder das gefährliche Silodenken der Mitarbeiter.

Die Lösung?!

Vielleicht nicht das Allheilmittel, aber sicherlich ein richtiger Schritt ist es, sich zunächst mit der Kultur des Unternehmens auseinander zu setzen. Die digitale Öffnung zum Kunden bedarf einer entsprechenden dynamischen Kultur des Unternehmens. Bestehende Prozesse, Denkweisen und Handlungsweisen müssen hinterfragt werden und sich so verändern, dass die Öffnung entstehen kann.

Es ist wie im Garten: Pflanzen können nur wachsen, wenn der Boden gut beschaffen ist. Durch eine festzementierte und verkrustete Oberfläche schaffen es nur Unkräuter alleine. Jeder Gärtner weiß, dass es viel Mühe und Zeit kostet, den Boden zu behandeln. Und es bringt zunächst wenig sichtbare Erfolge. Wenn dann aber ein bunter und ertragreicher Pflanzenwuchs vorhanden ist, ist es allen klar: die Mühe hat sich gelohnt.

Keine Digitalisierung: Sind die Mitarbeiter schuld?

Mangelndes Know-How der Mitarbeiter ist nach einer Umfrage des BDI und der Deutschen Bank bei 312 großen Familienunternehmen mit mehr als 50 Mio. Euro Jahresumsatz das wichtigste Hemmnis für die Digitalisierung.

Digitalisierung ist wichtig, aber …

Immerhin rund 60 Prozent aller Befragten schätzen die Bedeutung der Digitalisierung für das eigene Unternehmen als hoch oder sehr hoch ein. Aber nur 41 Prozent sieht sich bei der Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells als gut aufgestellt.

Eigentlich erschreckend, wenn man es umdreht: 40 Prozent dieser Unternehmen glauben, dass Digitalisierung für sie nicht wichtig ist. Ein weiterer Anteil von 20 Prozent ist da schon weiter, hält sich aber für nicht gut aufgestellt.

… es werden Schlussfolgerungen gezogen, …

Interessant – oder wenn man will auch beängstigend – sind die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden:

  1. Fast jedes dritte große Familienunternehmen sieht die Verfügbarkeit digitaler Infrastruktur als Hürde für die eigene Digitalisierung (32 Prozent).
    Hier kann man noch am einfachsten zustimmen. Es wird die Kunden aber nicht interessieren warum ein Unternehmen die Digitalisierung verschlafen hat. Keiner bekommt einen Bonus, weil beispielsweise die Infrastruktur nicht passte. Man mag zwar auf die Politik schimpfen können. Trotzdem ist die Unternehmensführung dringend gefordert, alternative Lösungen zu finden. Warten auf die Telekom ist keine Option.
  2. Weitere kritische Punkte sind mangelnde oder unzureichende digitale Schnittstellen, beispielsweise für die Übertragung von Daten an Zulieferer (37 Prozent), Bedenken hinsichtlich der IT-Sicherheit (36 Prozent), sowie der notwendige Wandel in der Unternehmenskultur (35 Prozent).
    Auch hier sind offensichtlich die Hausaufgaben nicht gemacht worden. Gerade eine Unternehmenskultur wandelt sich nicht einfach so von selbst. Im Gegensatz zu Problemen bei Schnittstellen und der IT-Sicherheit, die man relativ schnell beheben kann. Wer jetzt erst über eine Kultur nachdenkt, darf sich auf einen langen Zeitraum einstellen. Die  Zeichen der Zeit wurden eigentlich schon vor mehreren Jahren verschlafen.
  3. Die Unternehmen wollen ihre Investitionen in die Digitalisierung deshalb bis 2019 auf durchschnittlich etwa drei Prozent des Umsatzes erhöhen – gegenüber 2016 ein Anstieg von fast 40 Prozent.
    Bei einem Umsatz von 50 Mio. Euro sind 3 Prozent gerade mal 1.5 Mio. Euro. Eine nicht gerade hohe Investitionssumme um ein Geschäftsmodell zu digitalisieren. Alleine Personal, IT und Marketing werden deutlich mehr kosten. Wurde die Basis für die Digitalisierung im Unternehmen noch gar nicht geschaffen, wird sich die Summe noch einmal erhöhen. Auch eine Kulturveränderung kostet Geld. Ist diese bisher nicht erfolgt, hat man sowieso einen Investitionsstau.
  4. Als größtes Hemmnis für die Digitalisierung sehen die Unternehmen mangelndes Know-how der Mitarbeiter an (43 Prozent).
    Was als größtes Hemmnis angesehen wird, ist eigentlich auch der größte Klopfer in diesem Ergebnis. Wie soll ein Unternehmen denn die Digitalisierung starten, wenn es von knapp der Hälfte der Beschäftigten keine entsprechende Unterstützung erwarten kann?

… die das Problem bei dem Mitarbeiter sehen

Sicherlich ist das Know-How der Mitarbeiter bei diesem Wandlungsprozess der Kultur und der Digitalisierung extrem wichtig. Aber ein Punkt wird hier vollkommen außer Acht gelassen. Wie sieht es denn mit dem Know-How der Unternehmensführung bei der Digitalisierung aus?

Digitalisierung benötigt eine neue Kultur, Digitalisierung benötigt komplett neue Ideen für das Geschäftsmodell, vielleicht sogar ein komplett neues Geschäftsmodell. Einfach weitermachen wie bisher, die Prozesse mit besseren Schnittstellen zu versehen und bestehende Angeboten mit neuen Anwendungen „aufpeppen“ – das hat nichts mit Digitalisierung zu tun.

Ein neues Geschäftsmodell und eine neue Unternehmenskultur werden aber niemals von den Mitarbeitern angestoßen werden. Dies ist eine Aufgabe der Unternehmensführung. Mindestens muss sie den Freiraum und die Qualifikation bei den Mitarbeitern zu schaffen. Erst dann können sich aus dem Unternehmen heraus neue Geschäftsmodelle entwickeln.

Sondern?

Für mich spiegelt die Umfrage wieder, dass die Unternehmensführung bei vielen Familienunternehmen offensichtlich nicht mehr zu den Herausforderungen der Digitalisierung passt. Es wird eine Investitionssumme festgelegt, mit der das Projekt „Digitalisierung“ umgesetzt wird. Dazu muss einfach in eine bessere IT investiert werden und die Mitarbeiter zu schulen. Dann wird das schon. Das wurde immer so gemacht.

Zunächst müsste dringend und schnell das Management seine Fähigkeiten und sein Verständnis im Bereich der Digitalisierung ausbilden. Erst dann kann es das Unternehmen auf einen neuen Weg bringen.

Digitalisierung ist kein Projekt, sondern eine neue Evolutionsstufe eines Unternehmens. Dazu müssen sich alle im Unternehmen ändern – das Management als erstes.

 

Der Jo-Jo-Effekt bei der neuen Unternehmenskultur

Viele Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass sie neue Modelle der Zusammenarbeit benötigen. Doch nur wenigen gelingt es wirklich, dauerhaft eine entsprechende Unternehmenskultur zu etablieren. Warum ist es so schwer?

Die Frage ist zunächst relativ einfach und plakativ zu beantworten: die Führung muss es wollen, aktiv umsetzen und somit sich selbst radikal verändern. Sich zu verändern fällt aber Menschen grundsätzlich schwer – nicht nur im Privaten, sondern genauso im Firmenumfeld.

Wo stehen wir?

In vielen Unternehmen ist die Arbeitswelt nach wie vor durch Arbeitsteilung und stetiger Prozessoptimierung  geprägt. Dies wurde über Jahrzehnte optimiert und prägt das Führungsverhalten mit Mitteln wie Zielvereinbarungssystemen, Reportings, Prozessdokumentationen etc..

So lange die Fragestellungen in einem Unternehmen standardisierbar und die erwarteten Ergebnisse grundsätzlich gleich sind, dann kann so eine Vorgehensweise gut funktionieren. In vielen Prozessen ist es sogar notwendig, wenn es sich beispielsweise um sicherheitsrelevante Themen handelt.

In der zunehmenden Komplexität der Systeme und den sich ständig verändernden Rahmenbedingungen (des Marktes) hilft eine Standardisierung aber nicht mehr weiter. Die Aufgabenstellungen sind deutlich komplexer und lassen sich nicht durch einfache Prozessvorgaben abbilden. Die Probleme lassen sich durch Kreativität, Erfahrung und Können lösen.

Die Herausforderung ist es somit, eine Kultur zu schaffen, die eine entsprechende Kreativität zulässt. Die traditionelle Führung setzt aber noch auf die Prinzipien der Zielvorgabe, Steuerung und Kontrolle. Es ist also eine vollkommene Veränderung des Führungsverständnisses nötig. Selbstverständlich beginnt dies zunächst bei der Unternehmensführung.

Was bedeutet dies konkret?

  • Es wird in Form von Vorschlägen und Ratschlägen geführt, nicht aber mit Anweisungen. Die Vorschläge können auch ohne disziplinarisch negative Auswirkungen abgelehnt werden.
  • Die Verantwortung für Vorgehensweisen und Ergebnisse liegt bei den Teams und nicht mehr bei der Führungskraft.
  • Die Führungskraft schafft einen Rahmen, in dem die täglichen Probleme im Team gelöst werden können und wo sich das Team stetig weiterentwickeln und die Zusammenarbeit optimieren kann.
  • Führung bedeutet, dass eine Mitarbeitergruppe bereit ist, zu folgen. Sie wird nicht mehr hierarchisch „verliehen“, sondern von den Geführten zugesprochen. Führung hat nichts mehr mit einer formellen Machtposition zu tun. Führungsverantwortung kann auch zwischen Teammitgliedern wechseln.

Das Fazit

Neue Modelle der Zusammenarbeit benötigen ein vollkommen neues Führungsverständnis. Eine Veränderung kann nur von der Unternehmensführung angestoßen werden. Dazu muss zum einen Bereitschaft existieren, zum zweiten aber auch ein Durchhaltevermögen.

Wir kennen dies alle von einer Diät. Ein guter Vorsatz existiert, die Veränderung wird über einen gewissen Zeitraum durchgehalten, ein Ergebnis ist sichtbar und nach kurzer Zeit hat man wieder das ursprüngliche Gewicht. Jo-Jo-Effekt nennt man das. Viel zielführender ist es, zwei entscheidende Veränderung in kleinen Schritten dauerhaft vorzunehmen – weniger essen und mehr bewegen.

Bei einer Kulturveränderung ist es genau das Gleiche. Am Anfang steht die Veränderungsbereitschaft mit dem Wissen, was dies bedeutet. Dann in kleinen und stetigen Schritten, die nicht so stark wehtun, sich langsam verändern. Nur dann haben die Führungskräfte auch eine Chance, Veränderungen aktiv zu begleiten und neue Zusammenarbeitsmodelle zu etablieren.

 

 

Social Business

Ist Social Business wirklich tot oder noch gar nicht am Leben?

Zum Jahresanfang 2016 konnte man lesen, dass Social Business tot sei, weil es bereits im Alltag der Unternehmen angekommen sei. Stimmt diese These oder sind viele Unternehmen vielleicht noch meilenweit von dieser Normalität weg?

Auch von einem der Top3-Anbieter für Social-Business-Software IBM konnte man diese Aussage hören. So titelte die Computerwoche in der Rubrik „IBM Experts“ mit „Ist Social Business am Ende?„. Basis für die These war, dass es sich um einen schwer verständlichen Kunstbegriff handelt, die inzwischen „normale“ Verhaltensweisen wie Teilen und Kommentieren beschreibt. Diese Fragestellungen sind demnach heute bereits Fragestellungen, mit denen sich Unternehmen auseinandersetzen.

Social Business lebt noch gar nicht

Ich möchte eine Gegenthese aufstellen: „Social Business“ lebt in vielen Unternehmen noch gar nicht. Weiter wachsende Dateiserver, nach wie vor die E-Mail als primäre Informationsquelle und eine Menge (oft unnötiger) Meetings bestimmen nach meiner Beobachtung immer noch den Alltag in vielen Unternehmen.

So hat gerade Adobe in einer aktuellen Studie den Fluch und Segen der E-Mail beschrieben. 3000 Büromitarbeiter wurden befragt und das Ergebnis zeigt deutlich auf: E-Mails werden immer noch falsch benutzt und hemmen die Produktivität massiv. „Jeder vierte deutsche Büroangestellte ärgert sich regelmäßig über E-Mails, weil ein persönliches Gespräch deutlich besser gewesen wäre. 17 Prozent sind ebenfalls genervt von Kollegen, die ständig „Allen Antworten“, obwohl der E-Mail-Inhalt gar nicht für alle bestimmt bzw. relevant ist. Auch den Vorgesetzten bei allem und jeden in Kopie zu setzen (15 Prozent), weitergeleitete Mails, die man längst erhalten hat (13 Prozent), und Kritik oder negatives Feedback via E-Mail (acht Prozent), kommen bei den Deutschen nicht allzu gut an.

Für eine Studie von Censuswide wurden 6045 Bürokräfte aus verschiedenen Branchen in neun Ländern Europas befragt, davon 1015 in Deutschland. Sie sollten selbst einschätzen, wie viel Zeit sie wegen Technikproblemen verlieren und warum. Der Spitzenreiter: 22 Minuten täglich werden verschwendet um Textdokumente oder Bilder zu suchen, die in einem unübersichtlichen Wust von Dateiordnern versteckt sind. Nachzulesen auf Spiegel Online.

Beide Studien stützen die These „Social Business lebt noch gar nicht“. Ob man es nun Social Business nennt oder einen anderen Begriff favorisiert – die Techniken des Zusammenarbeitens kommen nur sehr langsam in der internen IT der Unternehmen an.

Die richtige Software fehlt

Privat sieht es bei den meisten Büroangestellten deutlich anders aus. Dank der omnipräsenten Smartphones gehören soziale Tools wie beispielsweise WhatsApp, Facebook, SnapChat, Instagram zum normalen Alltag. E-Mail und lokale Dokumente auf dem eigenen Rechner spielen in der privaten Kommunikation eine immer weniger wichtige Rolle.

Es sind also nicht die Menschen, die einer neuen Art der Zusammenarbeit im Weg stehen, sondern die IT. Zwar integrieren immer mehr Softwareprodukte soziale Komponenten. Aber oft sind es nur kleine Inseln in der gesamten Unternehmens-IT. Was vielen Unternehmen fehlt, ist ein zentrales Tool, mit dem alle Mitarbeiter des Unternehmens kommunizieren und Informationen ablegen und finden können.

Ohne Tool kann kein Social Business wirklich funktionieren. Umgekehrt bedeutet es aber auch nicht, dass ein Tool automatisch die Lösung ist. Das Tool ist die eigentliche Basis. Auf dieser Basis müssen dann Prozesse aufgebaut werden und die Mitarbeiter an neue Verhaltensweisen in der Kommunikation langsam herangeführt werden.

Dazu fehlt nach wie vor ein Grundverständnis bei vielen Entscheidern. Auch wenn die Unproduktivität der bisherigen Tools erkannt wurde, ist die Bereitschaft zu einer so intensiven Änderung des Unternehmens ein hohe Hürde. Alleine der Einsatz einer Software wird nichts ändern, aber ohne eine Software wird es auch nicht klappen.

Social Business ist also noch lange nicht tot. Ganz im Gegenteil: alle Unternehmen, deren primäre IT noch auf E-Mail und Dateiserver basiert, müssen Social Business erst einmal zum Leben erwecken.

Vielleicht heißt es inzwischen nur anders. Aber ob es nun Arbeitsplatz 4.0 oder Social Business genannt wird – viele Unternehmen sind noch in Arbeitsweisen des Jahrtausendwechsels unterwegs.

Nebenbei: Die derzeit vieldiskutierte Digitalisierung wird nur einem Unternehmen gelingen, das sich auf einen neuen Weg der Zusammenarbeit gemacht hat und Social Business lebt.

 

Zerstörung ist der Weg zum Wandel (Teil 4)

Die derzeitige Entwicklung der sogenannten Digitalisierung lässt inzwischen erahnen, welche Geschäftsmodelle alle in naher oder nicht allzu ferner Zukunft kippen könnten.

Sogenannte Wissensarbeiter werden sich ebenfalls auf massive Änderungen im Berufsbild einstellen müssen. In der Diskussion der Rationalisierung durch die IT sind wir in der Vergangenheit eher die Fokussierung auf Standardtätigkeiten gewohnt. So habe ich selbst bei meiner Ausbildung in der Bank noch täglich die Kontoauszüge für die Kunden morgens einsortiert. Mit den Kontoauszugdruckern kam die Ablösung dieser stupiden Tätigkeit. Digitalisierung bedeutete, arbeitsintensive Aufgaben durch die IT ablösen zu lassen. Es waren aber immer Grenzen vorhanden – entweder durch die zur Verfügung stehende Hardware oder durch Software, die im Vorfeld wissen musste, was der Benutzer damit zu tun gedenkt.

Inzwischen hat sich die IT aber so weiterentwickelt, dass die Software eine hohe (künstliche) Intelligenz mitbringt und immer besser auch komplexe Aufgaben erledigen kann – vorprogrammierte Strukturen sind immer weniger nötig.

Fragen frei zu formulieren und die Antworten innerhalb von Sekunden auf dem Bildschirm zu haben, kennt inzwischen jeder von seinem Smartphone. Viele Grüße von „Siri“.

IBM schreitet mit „Watson“ voran und zeigt, mit welch erstaunlich guter Trefferquote eine Software anhand hoher Datenmengen qualitativ hochwertige Antworten geben kann und gibt damit eine erste Vorstellung in die zukünftigen Möglichkeiten der „künstlichen Intelligenz“. Riesige Datenmengen werden in das System gegeben und die Software zeigt Lösungen auf, die ein Mensch nie, nur durch Zufall oder nur mit extremen Aufwand gefunden hätte. Typische Schlagzeile: „Watson soll Verbrecher jagen“.

Somit lässt sich auch sehr leicht vorstellen, dass beispielsweise Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte und ähnliche Berufe einem extremen Wandel unterworfen sein können.

Wie lange wird es noch dauern, bis eine Steuerberatungs-Software nur noch die unsortierten Rechnungen und Belege erwartet und automatisch nach den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen eine für den Kunden optimierte Steuererklärung fertigstellt und elektronisch dem Staat übermittelt? Steuerberater und Finanzbeamten zur Prüfung wird man dann kaum noch benötigen.

Und wann wird die erste Software vollautomatisch eine juristische Beratung anhand unstrukturierter Informationen vorzunehmen und damit den Anwalt zu ersetzen? Werden dann auch die Urteile im Gericht von Maschinen gefällt werden?

Brauchen wir zukünftig noch einen Hausarzt, wenn die kleinen digitalen Helfer am Körper meine aktuellen Werte haben und intelligente Software schon weiß, was ich habe, bevor ich es merke? Oder kommt das Medikament dann schon mit der Post automatisch, bevor die eigentliche Krankheit ausbricht?

Alle diese Beispiele zeigen, dass durchaus inzwischen auch Berufsgruppen, die aufgrund ihrer Erfahrungen und ihres umfangreichen Wissens sich bisher wenig Gedanken über eine Rationalisierung machen mussten. Gerade hier steckt aber für Softwarehersteller ein riesiges Potential von Verdienstmöglichkeiten. Eine Maschine wird über kurz oder lang meine juristische Frage mindestens genau so gut oder sogar besser als ein lange ausgebildeter Mensch beantworten können. Die Software ersetzt also nicht mehr wie bisher eine relativ günstige Dienstleistung (zeitintensiv aber niedriges Lohnniveau), sondern schafft in Sekunden ein Äquivalent für eine sehr teure Dienstleistung.

Noch sehen wir wenige von diesen Entwicklungen. Aber ich bin mir sicher: auch hier ist es nicht die Frage ob, sondern wann…

Zerstörung ist der Weg zum Wandel (Teil 3)

Die derzeitige Entwicklung der sogenannten Digitalisierung lässt inzwischen erahnen, welche Geschäftsmodelle alle in naher oder nicht allzu ferner Zukunft kippen könnten. In diesem und einigen folgenden Beiträgen möchte ich einmal einen Blick über meinen Banken-Tellerrand hinaus werfen und einige für mich bezeichnende Beispiele nennen.

Neue Vermarktungsmodelle: Beim Mietwagenmarkt kann man die Idee bereits erkennen – Car2Go oder DriveNow bieten in bestimmten Städten den Kunden an, direkt in ein bereitstehendes Auto einzusteigen und loszufahren. Der Mietvertrag wird über die App geschlossen, nachdem man sich einmalig vorab angemeldet hat. Eine Reservierung ist nicht nötig und auch nicht möglich – mann kann einen in der Nähe befindlichen Wagen nur für ein paar Minuten für sich festhalten. Abgerechnet wird anhand des gewählten Modells – in der Regel nach in Minuten. Wer eine feste Zusage zu einer Verfügbarkeit benötigt, ist bei diesem Modell falsch. Insofern handelt es sich um eine Mischung aus Mietwagen und Taxi zum Selbstfahren. Das ähnliche Modell findet sich bereits in vielen Städten mit Fahrrädern erfolgreich im Einsatz.

Denkt man darüber nach, wie viel Besitz man hat, den man nur ganz selten nutzt – man hat schnell eine Vorstellung davon, welche Geschäftsmodelle auf uns zukommen können. Muss man sich als Wenignutzer wirklich noch ein eigenes Auto kaufen? Autohändler könnte ein Auslaufmodell werden, wenn die Autohersteller ihre Produkte dem Kunden in ausreichender Anzahl mit unterschiedlichen Modellen direkt anbieten können.

Auch im B2B-Markt bieten sich solche Modelle an: der Kunde kauft oder least nicht mehr nur noch eine Maschine – er kauft gleich die ganze Dienstleistung. So wandelt sich der Siemens-Konzern von dem reinen Verkauf von Zügen zu einem Komplettanbieter eines Produktes „Bahnbetrieb“ inklusive der Bahnbetriebstechnik und der Automatisierung. Als Beispiel ist Spanien zu nennen, wo Siemens ein Komplettpaket inklusive einer vorausschauenden Wartung anbietet – mit einer nach eigenen Angaben für Deutschland unglaublichen wartungsbedingten Verspätungsquote von einer von 2.300 Fahrten. Faktisch kauft der Bahnbetreiber nicht mehr den Zug, sondern den Service des kompletten Betriebs. Auf dieses Basis erhält der Kunde bei mehr als 15 Minuten Verspätung den vollen Fahrpreis zurück.

Wir werden beobachten können, dass immer mehr dieser Modelle in die Wirtschaft Einzug halten und damit klassische Geschäftsmodelle verdrängen. Je weniger häufig etwas benötigt wird, desto eher bietet sich ein Mietmodell an („Shareconomy“ hieß der Kunstbegriff auf der Cebit 2015). Je einfacher es technisch für den Kunden erreichbar ist, desto erfolgreicher wird es. Vielleicht werden wir bald feststellen, dass in einem Dorf mit 100 Gärten auch 10 Rasenmäher für alle ausreichen würden und nicht jeder seinen eigenen kaufen muss.

Vielleicht kommt ja auch mal ein Hersteller auf die Idee, dem Kunden ohne weiteren Aufwand für ihn ein zu 99,5% verfügbares Full-Service-Fahrzeug vor die Tür zu stellen. Meldet das Fahrzeug Wartungsbedarf an, wird es vor Ort repariert oder gegen ein Austauschmodell abgeholt. Sind Reifen aufgrund der Jahreszeit zu wechseln, wird auch dies gemacht, ohne das der Kunde erst mühsam einen Termin vereinbaren muss und Zeit in der Werkstatt verbringt. Und wer das Bonuspaket bucht, für den wird sichergestellt, dass das Auto auch immer vollgetankt ist. Sauberkeit außen und innen ist natürlich eine Selbstverständlichkeit.

Wir werden zukünftig viel mehr Services für kleine Summen in Anspruch nehmen, anstatt alles selber zu machen. Hier liegen für bestehende Marktteilnehmer große Chancen, sich neu zu erfinden – so wie es Siemens im oben genannten Beispiel anbietet. Alle diese Modell sind vom Prinzip nicht neu, die Digitalisierung zeigt aber ganz neue Möglichkeiten auf, den Kunden zu überraschen.

Zerstörung ist der Weg zum Wandel (Teil 2)

Die derzeitige Entwicklung der sogenannten Digitalisierung lässt inzwischen erahnen, welche Geschäftsmodelle alle in naher oder nicht allzu ferner Zukunft kippen könnten. In diesem und einigen folgenden Beiträgen möchte ich einmal einen Blick über meinen Banken-Tellerrand hinaus werfen und einige für mich bezeichnende Beispiele nennen.

Lebensmittelhandel: Egal man beim Händler, der Lebensmittel liebt oder am „Framstag“ besonders günstig einkauft – die Unterschiede sind unterm Strich marginal. Der einzelne Verbraucher hat seine Vorlieben für einen bestimmten Laden – meist basiert es aufgrund lokaler Gegebenheiten. Man möchte für den Einkauf möglichst wenig Zeit aufbringen, aber das Gefühl haben für einen günstigen Preis eine gute Qualität erworben zu haben. Darüber sollte „einmal hin – alles drin“ die Devise sein.

Wie könnte sich der Einkauf in den nächsten Jahren verändern? Zunächst einmal wird die sogenannte „kognitive Intelligenz“ eine entscheidende Rolle spielen. Denn insbesondere bei Lebensmitteln sind die Menschen doch sehr starke Gewohnheitstiere. Der Kühlschrank oder die intelligente Vorratskammer werden erkennen, wenn etwas fehlt – ja, sie werden sogar wissen, was ich benötige. Die Vernetzung im Heimbereich schreitet extrem schnell voran und wird dann auch geplante Abwesenheiten oder höheren Bedarf z.B. bei Wochenendbeziehungen mit hoher Wahrscheinlichkeit voraussagen können.

Somit werden die Systeme über kurz oder lang für uns einkaufen können oder uns einen wesentlichen Teil davon abnehmen. Der Einkauf wird auf Wunsch angeliefert (und später vielleicht sogar automatisch einsortiert) werden.

Spätestens an dieser Stelle wird die durch räumliche Nähe aufgebaute Treue zum Lebensmittelhandel fallen. Es werden Kriterien wie Preis, Komfort der Lieferung oder Qualität eine Rolle spielen – für jeden Kunden nach seinem individuellen Profil. Dem Kunden wird es also in der Zukunft sehr wahrscheinlich vollkommen egal sein, ob die Ware von Rewe, Edeka oder Penny kommt – solange seine individuellen Kriterien erfüllt sind.

Das Prinzip lässt sich heute schon in Ansätzen bei Amazon erkennen. Will man einen Artikel kaufen und ist Prime-Kunde (kostenfreie und schnelle Lieferung bei den meisten Artikeln), wird man an sich selbst feststellen, dass nichts einfacher ist als die Bestellung bei Amazon. Artikel suchen, die individuellen Kriterien der Suche festlegen (Preis, Qualität (=Bewertungen) und kostenfreie Lieferung (=Prime)) und schon wird bestellt – wer möchte, schon seit Jahren mit nur einem Klick. Mißtrauische Zeitgenossen schauen vorher noch mal bei einer Preisvergleichsbörse oder EBay nach um sicherzustellen, dass sie dann doch den nahezu besten Preis bekommen werden.

Und meist ist die Bestellung am nächsten Tag (oder inzwischen am gleichen Tag – bald sicherlich noch schneller) im Haus oder in der Packstation.

Bei welchem Händler tatsächlich die Ware bestellt wurde, ist dem Kunden eigentlich vollkommen egal. Amazon hat hier inzwischen drei Modelle:

  1. Die Ware wird von Amazon gelagert und verkauft.
  2. Die Ware wird von Amazon gelagert und die Lieferung abgewickelt, es steht aber ein anderer Händler dahinter.
  3. Es wird nur der Verkauf vermittelt, die Ware wird von einem anderen Händler verkauft und abgewickelt.

Das dritte Modell ist für den oben genannten Beispielkunden meist nicht relevant, da vorab auf „Prime“ gefiltert wird und diese Angebote dadurch nicht angezeigt werden.

Wendet man das Amazon-Modell nun auf den Lebensmittelhandel an, wird klar, warum es für den Endkunden vollkommen unerheblich sein wird, ob ein Amazon (oder wer auch immer) die Bananenbestellung bei Rewe oder Edeka aufgibt. Es stellt sich sogar die Frage, ob der Zwischenhandel über die Lebensmittelketten überhaupt noch benötigt wird.

Nebenbei bemerkt: Amazon liefert bereits Lebensmittel aus – der Service wird in Berlin gerade für Deutschland getestet.

Zerstörung ist der Weg zum Wandel (Teil 1)

Die derzeitige Entwicklung der sogenannten Digitalisierung lässt inzwischen erahnen, welche Geschäftsmodelle alle in naher oder nicht allzu ferner Zukunft kippen könnten. In diesem und einigen folgenden Beiträgen möchte ich einmal einen Blick über meinen Banken-Tellerrand hinaus werfen und einige für mich bezeichnende Beispiele nennen.

Playmobil & Co.: Eltern kennen es vom weihnachtlichen Wunschzettel: Playmobil und Lego sind seit Jahren der Renner. Die Firmen entwickeln neue Themenwelten und begeistern die Kleinen. Gebraucht kaufen ist oft keine Option, da sich die einzelnen Modelle fast im Jahrestakt verändern – und wer will schon das für alle anderen auf den ersten Blick erkennbare Vorjahresmodell zu Hause haben. Die Eltern besorgen es dann im Handel – offline oder online und der erwünschte Karton steht unterm Weihnachtsbaum. Selbstverständlich greift das Beispiel auch zu anderen passenden und unpassenden Gelegenheiten.

Wie könnte sich dies in einigen Jahren darstellen? Die Familie wird zu Hause ihren 3D-Drucker stehen haben – so selbstverständlich, wie es heute das Tintenstrahlmodell in Farbe ist. Man wird sich aus dem Netz die aktuellen Konstruktionspläne für die gewünschten Modelle herunterladen und das Plastikspielzeug einfach zu Hause drucken. Selbstverständlich gibt es auch Dienstleister, die mit besserer Qualität oder besseren Preisen aufwarten können – so wie heute Fotolabore und Copy-Shops als Alternative zum Eigendruck.

Es stellt sich schnell die Frage, wozu man dann noch den Hersteller benötigt? Denkt man die Idee weiter, dann könnten solche Spielzeuge als Open-Source von einer großen Community entwickelt und optimiert werden. Das Ganze heisst dann vielleicht nicht mehr Playmobil, sondern OpenPlay, erfüllt aber den gleichen Zweck. Vielleicht bietet ein findiger Hersteller dann auch noch eine kindgerechte Software an, mit der sich das Kind sein eigenes Modell designen kann. Anstatt das alte Playmobil bei Erreichen der entsprechenden Altersgrenze gebraucht (für wenig Geld – siehe oben) zu verkaufen, kann man es direkt zum Recycling geben und es wird wieder neues 3D-Druckermaterial daraus gemacht.

Hoffentlich arbeiten die Herstellerfirmen der genannten Beispiele bereits daran, ihr eigenes Geschäftsmodell auf einen ganz neuen Level zu heben. Besser, sie machen das aktuelle Modell selbst kaputt, als dass es jemand anderes macht. Die entscheidende Frage wird die Gleiche wie bei der Musikindustrie sein: schafft man es, dem Kunden bezahlen zu lassen, wenn die gleiche Leistung – vielleicht auch illegal – kostenfrei verfügbar ist. Wer die Wandlung in diesem bereits sehr früh digitalisierten Business beobachtet hat, könnte extrem viel lernen und dies auf aktuelle Handelsmodelle anwenden.232

Disruption im Bankwesen

Schöpferische Zerstörung im Bankwesen

Die schöpferische Zerstörung wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von dem österreichischen Ökonom Joseph Schumpeter geprägt. Die Amerikaner nennen den Prozess disruption. Beides beschreibt eine Innovation, die bestehende Technologien, Dienstleistungen oder Produkte zerstören. Meist entstehen diese Innovationen für die etablierten Anbieter unerwartet und werden zunächst nicht als Bedrohung gesehen. Handelt es sich um erfolgreiche Innovationen, so weisen sie nach kurzer Zeit ein hohes Wachstum auf und verdrängen die bestehenden Anbieter teilweise oder komplett.

Beispiele dazu gibt es in der Vergangenheit viele. Prominent werden Kodak und Nokia immer wieder genannt: Analogkameras und -filme wurden durch Digitalkameras verdrängt, der Marktführer im Bereich Mobiltelefone wurde in kürzester Zeit von den Smartphones aus dem Markt gedrängt. Inzwischen fokussieren sich die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen großer Konzerne nicht mehr auf die Weiterentwicklung der eigenen Produkte, sondern haben im Fokus, sie durch neue Innovationen selbst am Markt zu ersetzen.

Inzwischen sprechen wir von der vierten industriellen Revolution. Wer sich dem wahnsinnigen Tempo verweigert, gefährdet den Fortbestand des Unternehmens. Bestehende Geschäftsmodelle werden durch neue Wettbewerber verändert und die etablierten Unternehmen stehen oft hilflos daneben, weil sie ihren Kunden nicht mehr verstehen.

Schaut man sich diese neuen Wettbewerber genauer an, kann man feststellen, dass sie weiterhin klassische Bedürfnisse der Kunden befriedigen. Sie befriedigen diese für den Kunden nur auf vollkommen neue Weise (z.B. CarSharing statt klassischem Mietwagen) oder bringen als Vermittler neue Wettbewerber auf den Markt (z.B. Uber mit Privatfahrern statt professioneller Taxizentralen). In vielen aktuellen Beispielen besteht Potential für eine Disruption.

Wie ist das nun im Bankenwesen? Es steht außer Frage, dass die Menschheit bis auf Weiteres auf Zahlungsmittel angewiesen ist. Das Bedürfnis der Kunden, Waren oder Dienstleistungen zu entlohnen, wird es also auch weiterhin geben. Ist zu viel Geld vorhanden, muss es geparkt werden. Und im umgekehrten Fall muss man sich etwas leihen. Mit diesem trügerischen Gefühl der Sicherheit sind die Banken unterwegs und wiegen sich in Sicherheit.

Schauen wir auf die erste Variante der Disruption: Die Bedürfnisse der Kunden werden auf vollkommen neue Art und Weise befriedigt. Die ersten Ansätze kann man erkennen – sicherlich nur die Spitze des Eisbergs. Neue Anbieter zeigen, dass Zahlungsverkehr komplett anders laufen kann. Geld wird in kleinen Summen (Micropayment) zwischen Privatnutzern elektronisch weitergeleitet, ohne erst umständlich eine Überweisung in Auftrag geben zu müssen (z.B. Cringle, PayPal und zukünftig Facebook/Whatsapp). Oder die Bezahlung an der Kasse wird durch Hinhalten der Armbanduhr erledigt (Apple Pay). Konten können komplett über das Smartphone verwaltet werden (Number26). Die Banken reagieren darauf, indem sie ihr bestehendes Modell „Girokonto“ mühsam versuchen zu verbessern – obwohl sie sich mit der Digitalisierung seit der Einführung von BTX Mitte der 1980er Jahre beschäftigen.

Die zweite aktuell erkennbare Variante der Disruption war: Neue Wettbewerber auf dem Markt zu etablieren. Hier lassen sich zwei Trends erkennen. Revolutionär wäre die Einführung einer neuen Verrechnungseinheit für den Zahlungsverkehr. Tatsächlich gibt es die bereits ohne Zutun der Banken oder eines Staates: BitCoin. Eine neue Technologie ermöglicht es, dass die Währung direkt zwischen zwei Beteiligten ausgetauscht werden kann, ohne dass eine Bank oder ein Zahlungsdienstleister eingeschaltet werden muss. Wer genügend Rechenkapazität zur Verfügung hat, kann die Zahlungen der Datenbank hinzufügen und somit Geld verdienen – auch hier kann der Privatmann – ähnlich wie bei Uber – als ein neuer Anbieter im System auftreten. Eine Stufe weniger kompliziert arbeiten neue Kreditvermittler – die Plattformen vermitteln beispielsweise Kredit zwischen Privatpersonen ohne Zutun einer Bank.

Noch hat keiner der neuen Anbieter wirklich die Banken vom Markt verdrängt. Durchaus haben aber bereits große Anbieter den Kuchen zu einem großen Teil unter sich verteilt. Die bisherigen Geschäftsmodelle nur weiterzuentwickeln und die Qualität bei der Beratung zu verbessern wird mittelfristig nicht ausreichend sein.

Banken müssen endlich anfangen, selber nachzudenken, wie sie ihr Geschäftsmodell zerstören könnten und in welchen Bereichen sie Dienstleistungen und Produkte anbieten könnten. Neue Ideen sind gefragt – auch mit dem Risiko, dass viele davon kein Erfolg werden. Die Zeiten in denen es einfach nur günstiger und besser werden muss sind endgültig vorbei. Disruptive und erfolgreiche Geschäftsmodelle in der Bankenwelt werden kommen – es ist nur eine Frage, wer diese letztendlich anbieten wird.

Digitalisierung bedingt eine neue Kultur

Unternehmen, die sich derzeit nicht mit Digitalisierung beschäftigen, sind eigentlich gar nicht mehr überlebensfähig – so oder so ähnlich lautet das Fazit vieler, die gerade diese „Sau durchs Dorf treiben“.

„Digitalisierung“ ist das denkbar schlechteste Modewort um die Veränderungen der Unternehmen und ihrer Dienstleistungen zu beschreiben. Denn digitalisiert wird schon seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten.

Bisher stand bei der „Digitalisierung“ hauptsächlich die Unternehmensproduktivität im Vordergrund. Prozesse mussten schneller und kostengünstiger werden. Dem Kunden wurde lange und mühsam beigebracht, dass er Vorteile hat, wenn er sich selbst versorgt. Passte der Kunde nicht zum vorgedachten Prozess des Unternehmens, dann war er oft in der Hotline-Wüste verloren. Viele Unternehmen verstanden und verstehen dies auch heute noch unter Service. Doch die Erwartungen der Kunden haben sich massiv verändert und müssen bedient werden. Oder noch genauer: die Erwartungen der Kunden waren schon immer da, inzwischen werden sie nur von neuen Mitspielern am Markt scheinbar mühelos bedient.

Die aktuelle Technologie stellt nun Möglichkeiten zur Verfügung, dem Kunden echten Service zu bieten. Prozesse werden an seinen Bedürfnissen ausgerichtet und mit einer unheimlich schnellen Taktung an den Markt gebracht. Bisherige Geschäftsmodelle werden dabei von branchenfremden Anbietern komplett auf den Kopf gestellt.

Derzeit beschränken sich viele Unternehmen auf das Zuschauen. Verwundert stehen die Kapitäne der Unternehmen da und können diese Veränderungen nicht richtig einordnen. Dabei haben Sie aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrungen im Hinterkopf und in der DNA, wie schwer es ist, den Tanker auf einen neuen Weg zu bringen. Selbst wenn sie umsteuern wollten, wissen sie gar nicht genau, welcher Kurs denn der Richtige wäre. Also stecken sie den Kopf in den Sand  – es wird hoffentlich ein vorübergehendes Phänomen sein. Kann man so machen, sollte man aber nicht.

Die bestehenden Offiziere auf dem Tanker müssen verstehen, dass sie alleine mit der Situation überfordert sind. Es bedarf der Kraft der ganzen Mannschaft und der Kunden, sich weiterhin im aufziehenden Sturm der Konkurrenz zu behaupten.

Dazu gehört auch, zugeben zu können, dass man mit der aktuellen Situation sogar überfordert ist oder sie alleine nicht umsetzen kann. Die Angst der Führungsebene vor einem Scheitern, einem Gesichtsverlust oder Fehlentscheidungen verhindert dann oft den Wandel des Unternehmens.

 

Schafft es ein Unternehmen aber, seine Mitarbeiter aktiv in die Weiterentwicklung einzubinden und damit Mitarbeitern und Führungskräften ein neues Selbstverständnis zu geben, dann sind die Voraussetzungen für die „Digitalisierung“ geschaffen. Die Führungsspitze wird offen sein, sich den Herausforderungen zu stellen und den Wandel zu gestalten. Gemeinsam mit den Mitarbeitern werden sie eine Vision entwickeln und diese Schritt für Schritt umsetzen – mit der Toleranz, dabei auch Fehler machen zu dürfen.

Genau hier müssen die Führungskräfte ansetzen. Dies kann nicht „von unten“ passieren. Der kulturellen Wandel des Unternehmens muss eingeleitet werden, um am Markt mithalten zu können – ja, um den Markt in Kürze überhaupt noch zu verstehen. Denn auch die Startups haben die gleichen Probleme wie etablierte Unternehmen, wenn sie erst einmal größer werden und Geld verdienen müssen. Der einzige Unterschied ist, dass sie von Anfang an mit einer neuen Kultur starten, die Innnovation und Ideen fördert und fordert und motivierte Mitarbeiter mit Eigenverantwortung hervorbringt.