Ich hatte schon einmal über das Startup Cringle berichtet. Nun habe ich die Einladung von Co-Founder & CEO Joschka Friedag wahrgenommen und ihn im Cringle-Office in Berlin besucht.
Dieser – inzwischen 100. – Blogbeitrag ist somit ganz meinem spannenden Gespräch mit Joschka Friedag (danke an dieser Stelle) und einem Blick hinter die Kulissen von Cringle gewidmet.
Zunächst einmal wollte ich wissen, wo denn eigentlich der Name herkommt. Wie so oft bei Namensfindungen war es auch hier kein ganz direkter Weg.
Ursprung war ein gemeinsames Projekt der Gründer an der Uni zu einem mathematischen Algorithmus, der Freundeskreise erkennen kann („Circle algorithm“). Der Algorithmus ist letztendlich nicht Teil der Software geworden, der Name aber geblieben. Wobei der „Kreis“ für die Anwendung auch ein gutes Synonym ist, schließlich handelt es sch um eine Lösung im Freundeskreis.Darüber kam man dann auf das runde Gebäck „Cringle“. Wichtig war den Gründern, das man den Eigennamen als Verb benutzen kann – man also „cringeln“ kann.
Am meisten hat mich interessiert, wie das Geschäftsmodell von Cringle aussieht. Joschka betonte daraufhin, dass es extrem wichtig ist, keine „eierlegende Wollmilchsau“ zu bauen, sondern den einfachen Prozess „Geld versenden und empfangen“ einfach und optimal dem Anwender bereitzustellen. Neue Funktionen werden nur mit sehr viel Bedacht und gut überlegt eingebaut. Cringle stellt seinen Service den Banken zur Verfügung und generiert darüber seine Einnahmen, denn die Transaktionen für den Endbenutzer sind seit einiger Zeit kostenfrei. Aktuell ist die DKB Kooperationspartner, also quasi der erste Kunde. Cringle ist optimistisch, bald weitere Kunden präsentieren zu können – der nächste steht wohl schon vor der Tür.
Cringle sieht sich europäisch aufgestellt, auch wenn derzeit die Aktivitäten noch auf Deutschland beschränkt sind. Als großes Vorbild für das Geschäftsmodell gilt Dänemark, wo die Danske Bank vor ungefähr zwei Jahren eine ähnliche App auf den Markt brachte – Mobile Pay. Ein durchschlagender Erfolg mit rund 2,5 Millionen Nutzern (bei rund 5.6 Millionen Einwohnern). Auf einem ähnlich erfolgreichen Weg ist Schweden unterwegs, wo das Bargeld ja schon eine deutlich geringere Rolle spielt als noch in Deutschland. Es gibt also deutlichen Nachholbedarf. Ziel ist es für Cringle, sich erfolgreich am Markt zu platzieren, bevor die „großen“ amerikanischen Anbieter entsprechende Funktionen in Deutschland anbieten.
Die Hauptzielgruppe von Cringle ist die Generation unter 35 Jahren. Hier wird die Anwendung auch regelmäßig genutzt. 65% der Nutzer sind in dieser Zielgruppe beheimatet. Betrachtet man nur die aktiven Nutzer, ist die Zahl sogar noch deutlich höher. Die Anzahl der Nutzer/Transaktionen ist auch ziemlich beeindruckend – auch wenn ich sie hier nicht veröffentlichen kann. Aber exklusiv für diesen Blog hat mir Joschka Friedag noch zwei Zahlen verraten: die durchschnittliche Transaktionshöhe liegt bei rund 17€ – es sind also bei weitem nicht nur Centbeträge im Spiel. Und immerhin 68% der Nutzer sind loyal, d.h. haben nach der ersten auch mindestens eine weitere Zahlung vorgenommen.
Betrachtet man sich die App auf dem Mobilgerät, so scheint sie sehr banal – „Senden“, „Empfangen“ und ein paar Funktionen drumherum. Genau das ist auch das Ziel – ein möglichst einfaches Frontend. Umso mehr Gehirnschmalz steckt dafür in der Backend-Technologie. Die Plattform muss vollständig automatisiert funktionieren, damit möglichst geringe Transaktionskosten zustandekommen können. Neben der Zahlungsverbuchung und der Weiterleitung über SEPA zum Bankclearing als Grundfunktionen sind unter anderem auch Geldwäschebekämpfung, Limitsverwaltung, Transaktionslogiken und einem Reportingsystem für die angeschlossenen Banken eingebaut. Auch das Mahnwesen ist vollständig automatisiert: wird eine Lastschrift abgewiesen, kauft Cringle diese der beteiligten Bank im Factoring ab und alle weiteren Mahnschritte erfolgen nach einem festgelegten Prozess ohne manuellen Eingriff. Man ging zunächst von einem Zahlungsausfall von etwas über 2% aus, was aktuellen Studien entspricht. Tatsächlich ist man nur im Promillebereich angekommen.
Mein Fazit: eine motivierte und schlagkräftige Truppe, die klare Visionen mit einem guten Blick auf das Machbare hat. Cringle hat das Zeug dazu, ein Produkt anzubieten, was Banken sehr einfach in ihr Portfolio integrieren können.