Holvi: Jetzt geht es los, mit ganz großen Schritten…

Ich berichte mal wieder über mein Lieblings-FinTech Holvi. „Lieblings-FinTech“ nicht, weil ich begeisterter User bin und es täglich nutze. Sondern, weil man sehr schön erkennen kann, was die Banken tun könnten, aber einfach nicht machen. Entdecke die Möglichkeiten, sozusagen. Wer Holvi nicht kennt: hier habe ich es mal beschrieben.

Banken haben ein einfaches Geschäftsmodell: sie bieten Finanzdienstleistungen an und sind darin richtig gut (zumindest die meisten). Sie optimieren und optimieren und schrauben dabei an Service und Preis. Als Assets bieten sie Sicherheit und Seriösität an. Wobei die Seriösität in letzter Zeit immer mehr unter die Räder kommt.

Holvi geht umgekehrt vor: sie haben sich eine Zielgruppe herausgesucht (Freiberufler und Kleingewerbe) und bauen für diese Zielgruppe eine passende Anwendung. Finanzdienstleistungen sind davon ein Teil und werden entsprechend integriert.

Genau deswegen finde ich das Beispiel so gut: Banken gehen immer noch davon aus, dass Finanzdienstleistungen der Anwendungszweck ist.

Die erfolgreichen Modelle aus der Digitalisierung bilden aber die gesamte vom Kunden benötigte Prozesskette ab. Was meine ich damit? So hat z.B. „Uber“ keine eigene Autos, bringt aber Fahrer und Kunde zusammen und bildet von der Bestellung der Fahrt über Durchführung bis Bezahlung alles ab. Gleiches für andere Dienste wie z.B. „Airbnb“ – dort mit Feriendomizilien. Egal, welches Modell man sich anschaut – der Prozess beinhaltet in keinem Fall nur die Bezahlung (Geldanlage, Kreditbeschaffung etc.). Genau dieses Prinzip hat Holvi sehr schön umgesetzt.

Und so kann Holvi schon jetzt im ersten Jahr deutlich mehr bieten als die Hausbank: Kontoeröffnung in Minuten, IBAN-Nummer, Annahme von Kreditkartenbezahlungen, Online-Shop, Rechnungsmodul, Buchhaltung und eine offene Plattform, an die Erweiterungen angedockt werden können.

Funktionsvergleich

Als Ergänzung dazu hat Holvi nun angekündigt, eine Mastercard zum Konto zuzuschalten (reale und virtuelle Karten, auch mit NFC). So kann der Kunde nun auch mit seinem Holvi-Konto shoppen gehen. Wieder ein Grund weniger für den Kunden, noch eine klassische weitere Bankverbindung zu besitzen.

Banken könnten solche Modelle übrigens auch anbieten. Dazu müssten sie ihre mächtigen Kernbankverfahren technisch öffnen (Stichwort: API-Banking) und sich selbst oder Drittanbietern die Funktionen für neue Geschäftsmodelle zur Verfügung stellen.

Wahrscheinlich ist dies aber nicht die größte Hürde. Die liegt im Kopf und eingefahrenen Mustern: Banken sind eben einfach nur für Finanzdienstleistungen da. Das war schon immer so und wird auch (nicht!) so bleiben.

Schade für die Banken, dass sich immer mehr Unternehmen ihr Banking „schnell“ mal selber basteln werden.

Holvi: eine neue Bankverbindung, einen Online-Shop und die Buchhaltung in 3 Minuten

holvi

Ich hatte letztes Jahr im September das erste Mail über Holvi berichtet. Damals lag eine Ankündigung vor, inzwischen ist die Plattform in Deutschland freigeschaltet. Doch was ist das Besondere an diesem Tool? Ein Bericht von meinem ersten Test.

Kurz zusammengefasst: es ist ein Alternativmodell für kleine Betriebe oder Freiberufler zur klassischen Bankverbindung. Man bekommt eine neue Bankverbindung, eine frei wählbare Anzahl von Konten und dazu zum Start nach Bedarf einen Onlineshop, eine Spesenabrechnung, die Buchhaltung inkl. Auswertungstools und ein Modul zum Schreiben von Rechnungen. Alles ist natürlich miteinander verdrahtet.

Und wie läuft das Ganze nun ab?

Wenn man sich anmeldet, bekommt man direkt eine IBAN/BIC zugeteilt und kann loslegen. Die Prüfung der Personendaten ist zunächst nicht nötig. Man kann den Shop anlegen, Rechnungen schreiben und sogar Geld auf das Konto ohne Identitätsprüfung überweisen. Um weitere Funktionen nutzen zu können, muss man sich dann verifizieren. Dies passiert, indem man ein Passdokument und eine aktuelle Rechnung von einem Versorger hochlädt. Stellt sich die Frage, was die deutsche Abgabenordnung dazu sagt, die den Banken eine vollständige Legitimationsprüfung bei Kontoeröffnung auferlegt.

Was sofort gegenüber dem klassischen Bankkonto auffällt: die Vernetzung mit der E-Mail. Man bekommt schnell E-Mails mit Statusreports zum Konto (und den Buchhaltungsinformationen) und sieht sofort, wenn auf dem Konto etwas passiert ist – ohne sich erst in das System einloggen zu müssen. So sieht ein wöchentlicher E-Mail-Statusreport zum Konto aus: statusreport

In der Anwendung kann ich nicht nur alleine arbeiten, sondern auch Mitarbeiter mit verschiedenen Berechtigungen einrichten.

Mit dem Konto kommen verschiedene Funktionen automatisch dazu:

  • Online-Shop: Man kann einen einfachen Shop einrichten und hat gleich eine Bezahlfunktion. Kreditkarten, Sofort-Überweisung etc. sind automatisch mit dabei – in der aktuellen Phase ist dies auch der einzige Kostenpunkt. Von jeder Transaktion werden rund 3% einbehalten. Wer sich das anschauen will: https://holvi.com/shop/gumbishop/
  • Rechnungen: Man kann Rechnungen erstellen und direkt an den Empfänger per E-Mail zusenden lassen bzw. selbstverständlich auch als PDF drucken und auf klassischem Wege versenden. Das Konto kennt dann die gestellten Rechnungen und kann bei Zahlungseingang automatisch diesen der Rechnung zuordnen.
  • Spesen: Will man einem Mitarbeiter Spesen erstatten, kann man ihm einen einmaligen oder dauerhaften Link generieren. Der Mitarbeiter kann dann die Belege erfassen und hochladen – die Überweisung und Verbuchung ist dann nur noch ein Mausklick.
  • Buchhaltung: Man kann sämtliche Zahlungen vorher erstellten Kategorien zuweisen und diese sogar vorher budgetieren. Es wird ein auf den ersten Blick umfangreiches Set an Berichten mitgeliefert, die sofort benutzt werden können. Sogar Excel-Berichte sind dabei, so dass man die Daten dann selbst auch noch nach eigenen Bedürfnissen aufbereiten kann.
  • Zahlungsverkehr: Selbstverständlich geht das banale Kontogeschäft natürlich auch: Überweisungen ausführen, Geld auf das Konto einzahlen (auch per Sofort-Überweisung), Kontoauszüge ziehen usw.. Benötigt man ein neues Konto, so ist dies mit wenigen Klicks erledigt. Keine Wartezeiten, keine Unterschriften, sofort nutzbar.

Das sogenannte Dashboard gibt einem einen guten Überblick über die aktuelle Lage:Dashboard

Das ganze Angebot ist derzeit noch in einer ersten Startphase, macht aber schon einen ziemlich runden Eindruck. Sicherlich werden weitere Funktionen noch dazu kommen. Auch stellt man beim ersten Test fest, dass das Angebot noch nicht ganz „rund“ ist. Wenn der Kunde beispielsweise bei einer Rechnung weniger als den geforderten Betrag bezahlt, kann man nichts stornieren, ausbuchen oder mahnen. Auch Schnittstellen zu anderen Systemen existieren noch nicht. Manche Masken haben noch ein paar finnische Inhalte. Aber solche Probleme werden sicherlich (zum Teil) angegangen und sich mit weiteren Versionen klären.

Die Idee an sich ist einfach sehr verlockend – man hat alles an einer Stelle und eine bisher für mich noch nicht gesehene Verzahnung des Bankkontos mit Zusatzfunktionen. Sicherlich kann man dies mit Lexware & Co. auch schon länger (und aktuell sicher umfangreicher) hinbekommen, hat aber immer die lästige Schnittstelle zum Bankkonto. Und man kann die Software nur mit lokaler Installation benutzen.

Die Frage ist natürlich, ob ich „mein“ Geld dieser Firma anvertraue (sie haben eine Lizenz von der finnischen Bankenaufsicht) und wie es abgesichert ist. Die Frage stellt sich aber bei einer Firma PayPal genau so und wird von ganz vielen Shopbetreibern (vielleicht notgedrungen) mit „Ja“ beantwortet.

Eines ist aber sicher: solche Modelle sind für den Kunden nach Klärung der grundsätzlichen Fragen extrem attraktiv. Und sie bieten bereits jetzt einen extremen Mehrwert gegenüber dem verstaubten Girokonto – die Banken können sich bei solchen Wettbewerbern warm anziehen.

Nebenbei: der Name „Girokonto“ kommt übrigens aus dem Italienischen. „Giro“ steht für „Kreis“, „Drehen“ oder „Umlauf“. Der Begriff wird von den Banken aktiv benutzt (GiroKonto, GiroPay, GiroGo, etc.) und spiegelt damit auch leider die bisherige Ideenwelt der Banken wieder.

Dabei ist der in den Köpfen der Bankvorstände existente Zahlungsverkehr längst nicht mehr mit den Anforderungen des Marktes deckungsgleich. Das „Girokonto“ braucht einen ganz neuen Blick, einen neuen Funktionsumfang und am besten auch gleich eine neue Bezeichnung!

Bargeld, EC-Cash und EC-Karte als Auslaufmodell

Apple hat es schon vor einiger Zeit getan. Google und Samsung nun auch! „Apple Pay“ ist in den USA schon produktiv, Google hat „Android Pay“ nun offiziell angekündigt und Samsung hat mit „Samsung Pay“ auch gleich nachgezogen. Nun fehlt eigentlich nur noch Microsoft und dann sind alle wesentlichen Smartphone-Betriebssysteme (die Blackberry-Nutzer mögen mir verzeihen) fähig, mobiles Payment auf einfache Art und Weise – da im Betriebssystem der Hardware verzahnt – anzubieten.

Da der Umgang mit dem System von Apple äußert benutzerfreundlich umgesetzt ist, werden sich die anderen Hersteller daran orientieren. Sofern die Sicherheit überhaupt für den Benutzer eine entscheidende Rolle spielt (zumindest, solange er für Missbrauch nicht haften muss), lässt sich vermuten, dass der Durchbruch des mobilen Bezahlens bald geschafft sein dürfte. Und das natürlich nicht nur in den USA, sondern irgendwann auch in Deutschland und weltweit. Und das ganz ohne Banken, Kreditkartenunternehmen und Mobilfunknetzbetreiber.

Nun kommen alle Smartphone-Hersteller nicht unbedingt aus Europa und haben das EC-Karten-System (wenn überhaupt, dann) sicherlich nicht oben auf der Agenda. Wozu denn auch? Apple Pay lässt sich nur mit der Kreditkarte konfigurieren. Dass andere Systeme in anderen Ländern vorgesehen sind, wurde bisher nicht bekannt.

Die meisten Menschen haben inzwischen eine Kreditkarte und nutzen diese aktiv. Damit kann man auf jeden Fall die kritische Masse für ein mobiles Bezahlsystem erreichen. Insofern ist es auch nicht wahrscheinlich, dass die Hardwarehersteller sich um Nicht-Kreditkarten-Bezahlsysteme, wie z.B. die EC-Karte, in Zukunft kümmern werden.

Sofern mobiles Bezahlen sich durchsetzt (und daran zweifle ich inzwischen nicht mehr), gibt es für den Verbraucher schlicht keinen Grund mehr, die EC-Karte noch zu benutzen. Die Annahmestellen werden sich auf Dauer den Anbietern nicht verweigern können und wenn erst einmal genügend Stellen Apple Pay, Android Pay, Samsung Pay oder ein ähnliches System akzeptieren, dann wird die EC-Karte den gleichen Weg gehen, den der Euroscheck vor einiger Zeit beschritten hat als elektronisches Bezahlen zum Normalfall wurde.

Ich selbst habe meine EC-Karte fast gar nicht mehr benutzt in den letzten Jahren. Das Bargeld aus dem Automaten bekomme ich dank meines Kontomodells kostenfrei im gesamten Euroland mit der Kreditkarte. Und der Geldkartenchip ist schon seit langem nicht mehr aufgeladen.

Mit einem gewissen Neid schaue ich immer wieder auf Länder wie die USA und Schweden, in denen der Lolli ohne schräg angeschaut zu werden problemlos mit der Kreditkarte bezahlt werden kann. Auf Bargeld kann man in diesen Ländern inzwischen auch verzichten.

Wenn ich also als Verbraucher damit repräsentativ bin (und daran zweifle ich natürlich nicht ;-)), dann kann man sich für die Finanzindustrie schnell die Szenarien ausmalen:

  • Die EC-Karte und der damit verbundene Zahlungsverkehr inkl. der Gebühreneinnahmen von den Händlern sind schlicht nicht mehr wettbewerbsfähig. Auch wenn man technisch noch so aufrüstet: entweder muss man eine zusätzliche Plastikkarte mitnehmen oder eine umständlichere Software auf dem Handy benutzen, weil sie eben nicht ins Betriebssystem integriert ist.
  • Die Kreditkartenunternehmen werden weiterhin die Umsätze haben und sogar deutlich steigern können. Eigene Systeme der Kartenunternehmen, die seit langem getestet aber auch nicht wirklich erfolgreich im Markt platziert werden, sind überflüssig.
  • Auch Bargeld wird zu einem Auslaufmodell. Und damit auch alles, was rund um die Bargeldversorgung angeboten wird und derzeit vielleicht noch als Gebühreneinnahmequelle für die Banken dient.
  • Auch der Zahlungsverkehr steht – wie schon öfter hier berichtet – auf der Kippe. Öffentliche Rechnungen kann man inzwischen in einigen Gemeinden per PayPal bezahlen. Online ist Kreditkarte und PayPal schon lange attraktiver als alles andere. Mit PIN und TAN z.B. bei einer Sofortüberweisung zu bezahlen ist sowieso umständlich, gerade wenn man unterwegs ist und die TAN-Liste irgendwo zu Hause ist. Und die Lastschrift ist seit der Einführung von IBAN und BIC auch für den Verbraucher deutlich komplizierter und damit unattraktiver geworden – oder wer kann diese Daten noch auswendig bzw. hat die Motivation sie auswendig zu lernen? Die Banken haben es ja noch nicht einmal geschafft, dass diese Daten auf der EC-Karte nachgelesen werden können – traurig und umständlich zumal die SEPA-Standards lange bekannt waren und man diese Daten parallel zur inzwischen veralteten Kontonummer hätte angeben können. Wenn der Verbraucher also zukünftig die Wahl hat, wird er den einfachsten Zahlungsweg wählen – und der liegt wahrscheinlich nicht mehr beim Girokonto. Der dort noch verbleibende Rest an regelmäßigen Lastschriften wird sich sicherlich auch in Kürze über PayPal oder andere Dienstleister abwickeln lassen.

Das sind auf einen Schlag eine ganze Menge Geschäftsmodelle, die den Banken entgehen werden. Und die Liste ist sicherlich nicht vollständig, sondern nur die Spitze des Eisberges. Man könnte direkt bei dem Thema alternative Finanzierungsformen weitermachen. Mal sehen, wann die erste private Immobilienfinanzierung im Crowdfunding-Verfahren angeboten wird.

Ich hätte als Bankvorstand inzwischen deutlichen Respekt und würde mir um die Zukunft meiner Geschäftsfelder intensive Gedanken machen. Dringend müssen für die Finanzbranche neue Ideen entwickelt werden, mit denen ich meine Kunden länger als die Zinsbindungsfrist einer Immobilienfinanzierung binden kann. Oder vielleicht reicht es auch, wenn man den Markt beobachtet und die dort bereits vorhandenen Ideen mit der (noch) vorhandenen Marktmacht der Banken konsequent übernimmt und intelligent umsetzt.

Holvi: Jeder Kunde bekommt eine IBAN/BIC

Neulich habe ich schon einmal über Holvi berichtet – ein spannendes Angebot, welches Webshop, Buchhaltung und Bankverbindung in einem Tool mit ein paar Klicks bereitstellt. Inzwischen ist man einen Schritt weiter und stellt jedem Kunden eine IBAN/BIC zur Verfügung. Darüber hinaus werden lokale Zahlungsverfahren integriert – somit kann der Kunde jetzt zum Beispiel auch per SOFORT Überweisung bezahlen.

Mal sehen, wann der nächste Schritt kommt und dieser oder ein ähnlicher Anbieter aus dem Netz Bankdienstleistungen für Privatverbraucher anbietet.