Bargeld, EC-Cash und EC-Karte als Auslaufmodell

Apple hat es schon vor einiger Zeit getan. Google und Samsung nun auch! „Apple Pay“ ist in den USA schon produktiv, Google hat „Android Pay“ nun offiziell angekündigt und Samsung hat mit „Samsung Pay“ auch gleich nachgezogen. Nun fehlt eigentlich nur noch Microsoft und dann sind alle wesentlichen Smartphone-Betriebssysteme (die Blackberry-Nutzer mögen mir verzeihen) fähig, mobiles Payment auf einfache Art und Weise – da im Betriebssystem der Hardware verzahnt – anzubieten.

Da der Umgang mit dem System von Apple äußert benutzerfreundlich umgesetzt ist, werden sich die anderen Hersteller daran orientieren. Sofern die Sicherheit überhaupt für den Benutzer eine entscheidende Rolle spielt (zumindest, solange er für Missbrauch nicht haften muss), lässt sich vermuten, dass der Durchbruch des mobilen Bezahlens bald geschafft sein dürfte. Und das natürlich nicht nur in den USA, sondern irgendwann auch in Deutschland und weltweit. Und das ganz ohne Banken, Kreditkartenunternehmen und Mobilfunknetzbetreiber.

Nun kommen alle Smartphone-Hersteller nicht unbedingt aus Europa und haben das EC-Karten-System (wenn überhaupt, dann) sicherlich nicht oben auf der Agenda. Wozu denn auch? Apple Pay lässt sich nur mit der Kreditkarte konfigurieren. Dass andere Systeme in anderen Ländern vorgesehen sind, wurde bisher nicht bekannt.

Die meisten Menschen haben inzwischen eine Kreditkarte und nutzen diese aktiv. Damit kann man auf jeden Fall die kritische Masse für ein mobiles Bezahlsystem erreichen. Insofern ist es auch nicht wahrscheinlich, dass die Hardwarehersteller sich um Nicht-Kreditkarten-Bezahlsysteme, wie z.B. die EC-Karte, in Zukunft kümmern werden.

Sofern mobiles Bezahlen sich durchsetzt (und daran zweifle ich inzwischen nicht mehr), gibt es für den Verbraucher schlicht keinen Grund mehr, die EC-Karte noch zu benutzen. Die Annahmestellen werden sich auf Dauer den Anbietern nicht verweigern können und wenn erst einmal genügend Stellen Apple Pay, Android Pay, Samsung Pay oder ein ähnliches System akzeptieren, dann wird die EC-Karte den gleichen Weg gehen, den der Euroscheck vor einiger Zeit beschritten hat als elektronisches Bezahlen zum Normalfall wurde.

Ich selbst habe meine EC-Karte fast gar nicht mehr benutzt in den letzten Jahren. Das Bargeld aus dem Automaten bekomme ich dank meines Kontomodells kostenfrei im gesamten Euroland mit der Kreditkarte. Und der Geldkartenchip ist schon seit langem nicht mehr aufgeladen.

Mit einem gewissen Neid schaue ich immer wieder auf Länder wie die USA und Schweden, in denen der Lolli ohne schräg angeschaut zu werden problemlos mit der Kreditkarte bezahlt werden kann. Auf Bargeld kann man in diesen Ländern inzwischen auch verzichten.

Wenn ich also als Verbraucher damit repräsentativ bin (und daran zweifle ich natürlich nicht ;-)), dann kann man sich für die Finanzindustrie schnell die Szenarien ausmalen:

  • Die EC-Karte und der damit verbundene Zahlungsverkehr inkl. der Gebühreneinnahmen von den Händlern sind schlicht nicht mehr wettbewerbsfähig. Auch wenn man technisch noch so aufrüstet: entweder muss man eine zusätzliche Plastikkarte mitnehmen oder eine umständlichere Software auf dem Handy benutzen, weil sie eben nicht ins Betriebssystem integriert ist.
  • Die Kreditkartenunternehmen werden weiterhin die Umsätze haben und sogar deutlich steigern können. Eigene Systeme der Kartenunternehmen, die seit langem getestet aber auch nicht wirklich erfolgreich im Markt platziert werden, sind überflüssig.
  • Auch Bargeld wird zu einem Auslaufmodell. Und damit auch alles, was rund um die Bargeldversorgung angeboten wird und derzeit vielleicht noch als Gebühreneinnahmequelle für die Banken dient.
  • Auch der Zahlungsverkehr steht – wie schon öfter hier berichtet – auf der Kippe. Öffentliche Rechnungen kann man inzwischen in einigen Gemeinden per PayPal bezahlen. Online ist Kreditkarte und PayPal schon lange attraktiver als alles andere. Mit PIN und TAN z.B. bei einer Sofortüberweisung zu bezahlen ist sowieso umständlich, gerade wenn man unterwegs ist und die TAN-Liste irgendwo zu Hause ist. Und die Lastschrift ist seit der Einführung von IBAN und BIC auch für den Verbraucher deutlich komplizierter und damit unattraktiver geworden – oder wer kann diese Daten noch auswendig bzw. hat die Motivation sie auswendig zu lernen? Die Banken haben es ja noch nicht einmal geschafft, dass diese Daten auf der EC-Karte nachgelesen werden können – traurig und umständlich zumal die SEPA-Standards lange bekannt waren und man diese Daten parallel zur inzwischen veralteten Kontonummer hätte angeben können. Wenn der Verbraucher also zukünftig die Wahl hat, wird er den einfachsten Zahlungsweg wählen – und der liegt wahrscheinlich nicht mehr beim Girokonto. Der dort noch verbleibende Rest an regelmäßigen Lastschriften wird sich sicherlich auch in Kürze über PayPal oder andere Dienstleister abwickeln lassen.

Das sind auf einen Schlag eine ganze Menge Geschäftsmodelle, die den Banken entgehen werden. Und die Liste ist sicherlich nicht vollständig, sondern nur die Spitze des Eisberges. Man könnte direkt bei dem Thema alternative Finanzierungsformen weitermachen. Mal sehen, wann die erste private Immobilienfinanzierung im Crowdfunding-Verfahren angeboten wird.

Ich hätte als Bankvorstand inzwischen deutlichen Respekt und würde mir um die Zukunft meiner Geschäftsfelder intensive Gedanken machen. Dringend müssen für die Finanzbranche neue Ideen entwickelt werden, mit denen ich meine Kunden länger als die Zinsbindungsfrist einer Immobilienfinanzierung binden kann. Oder vielleicht reicht es auch, wenn man den Markt beobachtet und die dort bereits vorhandenen Ideen mit der (noch) vorhandenen Marktmacht der Banken konsequent übernimmt und intelligent umsetzt.

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