Die derzeitige Entwicklung der sogenannten Digitalisierung lässt inzwischen erahnen, welche Geschäftsmodelle alle in naher oder nicht allzu ferner Zukunft kippen könnten.
Sogenannte Wissensarbeiter werden sich ebenfalls auf massive Änderungen im Berufsbild einstellen müssen. In der Diskussion der Rationalisierung durch die IT sind wir in der Vergangenheit eher die Fokussierung auf Standardtätigkeiten gewohnt. So habe ich selbst bei meiner Ausbildung in der Bank noch täglich die Kontoauszüge für die Kunden morgens einsortiert. Mit den Kontoauszugdruckern kam die Ablösung dieser stupiden Tätigkeit. Digitalisierung bedeutete, arbeitsintensive Aufgaben durch die IT ablösen zu lassen. Es waren aber immer Grenzen vorhanden – entweder durch die zur Verfügung stehende Hardware oder durch Software, die im Vorfeld wissen musste, was der Benutzer damit zu tun gedenkt.
Inzwischen hat sich die IT aber so weiterentwickelt, dass die Software eine hohe (künstliche) Intelligenz mitbringt und immer besser auch komplexe Aufgaben erledigen kann – vorprogrammierte Strukturen sind immer weniger nötig.
Fragen frei zu formulieren und die Antworten innerhalb von Sekunden auf dem Bildschirm zu haben, kennt inzwischen jeder von seinem Smartphone. Viele Grüße von „Siri“.
IBM schreitet mit „Watson“ voran und zeigt, mit welch erstaunlich guter Trefferquote eine Software anhand hoher Datenmengen qualitativ hochwertige Antworten geben kann und gibt damit eine erste Vorstellung in die zukünftigen Möglichkeiten der „künstlichen Intelligenz“. Riesige Datenmengen werden in das System gegeben und die Software zeigt Lösungen auf, die ein Mensch nie, nur durch Zufall oder nur mit extremen Aufwand gefunden hätte. Typische Schlagzeile: „Watson soll Verbrecher jagen“.
Somit lässt sich auch sehr leicht vorstellen, dass beispielsweise Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte und ähnliche Berufe einem extremen Wandel unterworfen sein können.
Wie lange wird es noch dauern, bis eine Steuerberatungs-Software nur noch die unsortierten Rechnungen und Belege erwartet und automatisch nach den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen eine für den Kunden optimierte Steuererklärung fertigstellt und elektronisch dem Staat übermittelt? Steuerberater und Finanzbeamten zur Prüfung wird man dann kaum noch benötigen.
Und wann wird die erste Software vollautomatisch eine juristische Beratung anhand unstrukturierter Informationen vorzunehmen und damit den Anwalt zu ersetzen? Werden dann auch die Urteile im Gericht von Maschinen gefällt werden?
Brauchen wir zukünftig noch einen Hausarzt, wenn die kleinen digitalen Helfer am Körper meine aktuellen Werte haben und intelligente Software schon weiß, was ich habe, bevor ich es merke? Oder kommt das Medikament dann schon mit der Post automatisch, bevor die eigentliche Krankheit ausbricht?
Alle diese Beispiele zeigen, dass durchaus inzwischen auch Berufsgruppen, die aufgrund ihrer Erfahrungen und ihres umfangreichen Wissens sich bisher wenig Gedanken über eine Rationalisierung machen mussten. Gerade hier steckt aber für Softwarehersteller ein riesiges Potential von Verdienstmöglichkeiten. Eine Maschine wird über kurz oder lang meine juristische Frage mindestens genau so gut oder sogar besser als ein lange ausgebildeter Mensch beantworten können. Die Software ersetzt also nicht mehr wie bisher eine relativ günstige Dienstleistung (zeitintensiv aber niedriges Lohnniveau), sondern schafft in Sekunden ein Äquivalent für eine sehr teure Dienstleistung.
Noch sehen wir wenige von diesen Entwicklungen. Aber ich bin mir sicher: auch hier ist es nicht die Frage ob, sondern wann…