Digitalgeld: Hype oder Flop?

Zuerst erschienen auf IT Finanzmagazin am 05.11.2020
Notenbanken und Politik in aller Welt diskutieren das Thema „Digitales Geld“. Darunter sind auch die EZB und die G20-Finanzminister, die ein Grundsatzpapier für die Grundregeln digitaler Zentralbankwährungen erarbeiten. China und Schweden sind weiter – beide haben bereits Feldversuche gestartet. Spätestens seit der Ankündigung von Facebook, eine digitale Währung „Libra“ zu schaffen, hat das Thema Beachtung gefunden.

Was ist Digitalgeld?

Die aktuellen Diskussionen der Zentralbanken und der Politik fokussieren sich auf eine digitale Abbildung der bestehenden Währung, also beispielsweise eines E-Euros oder E-Dollars.

Tatsächlich ist das Thema des elektronischen Geldes bereits älter. Schon 1998 hat die EZB elektronisches Geld (E-Geld) als eine „auf einem Medium elektronisch gespeicherte Werteinheit“ definiert und im Jahr 2000 in eine Richtlinie gegossen. E-Geld wurde in der PSD1 und der aktuellen PSD2 weiter reguliert. Die ausgebenden E-Geld-Emittenten gelten als Kreditinstitute und unterliegen somit allen bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften.

Ebenfalls ein Digitalgeld sind Krypotowährungen, deren bekannteste Vertreterin BitCoin ist. Als unregulierte „Währung“ ist es für die Zentralbanken nicht kontrollierbar und ihnen dementsprechend ein Dorn im Auge.

Digitales Zentralbankgeld

Mit der zunehmenden Popularität der Kryptowährungen wurde eine Antwort benötigt. Diese lautet CBDC und steht für „Central Bank Digital Currency“, also eine von der Zentralbank kontrollierte digitale Fiat-Währung. So hat sich die EZB mit den Zentralbanken von Kanada, Japan, UK, Schweden und der Schweiz zu einem Konsortium zusammengetan, um die Rahmenbedingungen für digitale Währungen zu definieren.

Schweden hat bereits einen Feldversuch, der bis 2021 laufen soll. Eine Entscheidung zu einer Einführung ist dies aber noch nicht. China ist hier bereits weiter. In der Region Shenzhen läuft ein Feldversuch, an die Bewohner wurden kleine Beträge verlost, die sie in lokalen Geschäften ausgeben konnten. Zu den Winterspielen 2022 wurde die Einführung einer digitalen Währung angekündigt.

Chancen, Risiken und Nebenwirkungen

Die digitalen Währungen der Zentralbank könnten alle Finanzbeziehungen grundlegend verändern. Man kann davon ausgehen, dass in- und ausländische Transaktionen (zwischen Einzelpersonen, Unternehmen oder Regierungen) direkt über Zentralbankkonten abgewickelt werden.

Erhöhte Transaktionsgeschwindigkeit, Sicherheit und Transparenz, Bekämpfung von Zahlungsbetrug und effektivere Geldpolitik sind nur einige der erhofften positiven Nebeneffekte.

Die technologische Sicherheit und Umsetzbarkeit, mögliche ungewollte Auswirkungen auf die Kapitalmärkte und die Bedrohung der Privatsphäre des Einzelnen stehen dem auf der Negativseite gegenüber.

Im Gegensatz zum Bargeld hinterlässt jede digitale Transaktion Spuren. Technisch lassen sich viele Möglichkeiten finden. So können Zahlungen unter einem Schwellwert wie beispielsweise bei BitCoin vollkommen anonym erfolgen, bei hören Werten jedoch namentlich zugeordnet werden.

Zu Recht warnte der Bundesbank-Chef Jens Weidmann im Handelsblatt Anfang des Jahres vor einer unüberlegten Einführung von digitalem Zentralbankgeld: „Ich halte nichts davon, immer gleich nach dem Staat zu rufen. In einer Marktwirtschaft ist es zunächst an den Unternehmen, für Kundenwünsche ein entsprechendes Angebot zu entwickeln.“

„Erst mal geht es darum, die positiven und negativen Seiten von digitalem Zentralbankgeld zu verstehen. Dann kann entschieden werden, ob es gebraucht wird und sich die Risiken beherrschen lassen.“

Auf der anderen Seite sollte man nicht zu lange überlegen. Denn diese Bedenken werden nicht alle Staaten teilen. In totalitären Systemen oder Staaten, in denen Bargeld nur noch eine Nebenrolle spielt, werden Datenschutzbedenken weitaus geringer sein. Selbst im „Bargeldland“ Deutschland wird Corona diesen Prozess beschleunigen.

Wie schon so oft in der Vergangenheit wird sich auch hier nicht mehr die Frage nach dem „ob“, sondern nur noch nach dem „wann und wie“ stellen.