Social Business

Ist Social Business wirklich tot oder noch gar nicht am Leben?

Zum Jahresanfang 2016 konnte man lesen, dass Social Business tot sei, weil es bereits im Alltag der Unternehmen angekommen sei. Stimmt diese These oder sind viele Unternehmen vielleicht noch meilenweit von dieser Normalität weg?

Auch von einem der Top3-Anbieter für Social-Business-Software IBM konnte man diese Aussage hören. So titelte die Computerwoche in der Rubrik “IBM Experts” mit “Ist Social Business am Ende?“. Basis für die These war, dass es sich um einen schwer verständlichen Kunstbegriff handelt, die inzwischen “normale” Verhaltensweisen wie Teilen und Kommentieren beschreibt. Diese Fragestellungen sind demnach heute bereits Fragestellungen, mit denen sich Unternehmen auseinandersetzen.

Social Business lebt noch gar nicht

Ich möchte eine Gegenthese aufstellen: “Social Business” lebt in vielen Unternehmen noch gar nicht. Weiter wachsende Dateiserver, nach wie vor die E-Mail als primäre Informationsquelle und eine Menge (oft unnötiger) Meetings bestimmen nach meiner Beobachtung immer noch den Alltag in vielen Unternehmen.

So hat gerade Adobe in einer aktuellen Studie den Fluch und Segen der E-Mail beschrieben. 3000 Büromitarbeiter wurden befragt und das Ergebnis zeigt deutlich auf: E-Mails werden immer noch falsch benutzt und hemmen die Produktivität massiv. “Jeder vierte deutsche Büroangestellte ärgert sich regelmäßig über E-Mails, weil ein persönliches Gespräch deutlich besser gewesen wäre. 17 Prozent sind ebenfalls genervt von Kollegen, die ständig „Allen Antworten“, obwohl der E-Mail-Inhalt gar nicht für alle bestimmt bzw. relevant ist. Auch den Vorgesetzten bei allem und jeden in Kopie zu setzen (15 Prozent), weitergeleitete Mails, die man längst erhalten hat (13 Prozent), und Kritik oder negatives Feedback via E-Mail (acht Prozent), kommen bei den Deutschen nicht allzu gut an.

Für eine Studie von Censuswide wurden 6045 Bürokräfte aus verschiedenen Branchen in neun Ländern Europas befragt, davon 1015 in Deutschland. Sie sollten selbst einschätzen, wie viel Zeit sie wegen Technikproblemen verlieren und warum. Der Spitzenreiter: 22 Minuten täglich werden verschwendet um Textdokumente oder Bilder zu suchen, die in einem unübersichtlichen Wust von Dateiordnern versteckt sind. Nachzulesen auf Spiegel Online.

Beide Studien stützen die These “Social Business lebt noch gar nicht”. Ob man es nun Social Business nennt oder einen anderen Begriff favorisiert – die Techniken des Zusammenarbeitens kommen nur sehr langsam in der internen IT der Unternehmen an.

Die richtige Software fehlt

Privat sieht es bei den meisten Büroangestellten deutlich anders aus. Dank der omnipräsenten Smartphones gehören soziale Tools wie beispielsweise WhatsApp, Facebook, SnapChat, Instagram zum normalen Alltag. E-Mail und lokale Dokumente auf dem eigenen Rechner spielen in der privaten Kommunikation eine immer weniger wichtige Rolle.

Es sind also nicht die Menschen, die einer neuen Art der Zusammenarbeit im Weg stehen, sondern die IT. Zwar integrieren immer mehr Softwareprodukte soziale Komponenten. Aber oft sind es nur kleine Inseln in der gesamten Unternehmens-IT. Was vielen Unternehmen fehlt, ist ein zentrales Tool, mit dem alle Mitarbeiter des Unternehmens kommunizieren und Informationen ablegen und finden können.

Ohne Tool kann kein Social Business wirklich funktionieren. Umgekehrt bedeutet es aber auch nicht, dass ein Tool automatisch die Lösung ist. Das Tool ist die eigentliche Basis. Auf dieser Basis müssen dann Prozesse aufgebaut werden und die Mitarbeiter an neue Verhaltensweisen in der Kommunikation langsam herangeführt werden.

Dazu fehlt nach wie vor ein Grundverständnis bei vielen Entscheidern. Auch wenn die Unproduktivität der bisherigen Tools erkannt wurde, ist die Bereitschaft zu einer so intensiven Änderung des Unternehmens ein hohe Hürde. Alleine der Einsatz einer Software wird nichts ändern, aber ohne eine Software wird es auch nicht klappen.

Social Business ist also noch lange nicht tot. Ganz im Gegenteil: alle Unternehmen, deren primäre IT noch auf E-Mail und Dateiserver basiert, müssen Social Business erst einmal zum Leben erwecken.

Vielleicht heißt es inzwischen nur anders. Aber ob es nun Arbeitsplatz 4.0 oder Social Business genannt wird – viele Unternehmen sind noch in Arbeitsweisen des Jahrtausendwechsels unterwegs.

Nebenbei: Die derzeit vieldiskutierte Digitalisierung wird nur einem Unternehmen gelingen, das sich auf einen neuen Weg der Zusammenarbeit gemacht hat und Social Business lebt.

 

facebook at work

Facebook at Work geht am live – ein Überblick

Rund zwei Jahre nach der ersten Ankündigung wird es nun am 10. Oktober veröffentlicht: “Facebook at Work”. wie wird es sich unterscheiden von den “Social-Software”-Produkten der etablierten Platzhirsche IBM, Microsoft & Co.?

“Facebook at Work” wird sich sehr stark am bekannten öffentlichen Facebook orientieren, jedoch eine eigene Instanz sein. Damit sind die Inhalte und auch die Benutzerprofile komplett getrennt vom öffentlichen Facebook. Es gibt also auch keine Verbindung zum persönlichen Facebook.

Dreh- und Angelpunkt wird der vom persönlichen Facebook bekannte News-Feed sein. Hier laufen alle für den Mitarbeiter wesentlichen Informationen zusammen. Man “sammelt” allerdings nicht Freundschaften, sondern tritt Gruppen bei in denen die Arbeiten und Projekte organisiert sind. Ein Veranstaltungsmodul listet die internen Termine des Unternehmens auf. Die Interaktion zwischen den Mitarbeitern wird durch die Messenger-Funktion bedient. Selbstverständlich wird einen umfangreiche Suche auf Dateien und Unternehmensdaten bereitgestellt.

Datenschutz

Facebook behandelt die Daten nach diesen Grundsätzen:

  • Der Facebook at Work Account ist separiert vom persönlichen Facebook Account.
  • Facebook at Work Benutzer sehen keine Werbung in ihrem Firmen Account.
  • Facebook at Work hat nutzt führende Hosting-Mechanismen.
  • Sicherheit ist die oberste Priorität.
  • Firmen kontrollieren ihre Daten.

Unterm Strich sagen die Botschaften wenig aus. Firmen müssen wie bei allen anderen Cloud-Angeboten, die Einhaltung des Datenschutzes selber kontrollieren. Bisher hat sich Facebook bezüglich der Transparenz und der Datensammelwut im persönlichen Umfeld nicht gerade einen vertrauenswürdigen Namen gemacht und ruft regelmäßig die Datenschützer auf den Plan.

Genau hier trennt sich aber bei den Plattformen die Spreu vom Weizen. Die wenigsten Anbieter können eine sogenannte “On-Premise-Version” – also die Installation auf den eigenen Maschinen eines Unternehmens anbieten. Betrachtet man den Gartner “Quadrant for Social Software in the Workplace“, so sind dort als Leader Microsoft, IBM, Jive und Salesforce genannt. Aktuell bieten dort nur IBM und Microsoft die On-Premise-Variante an. Allerdings verfolgen auch beide Hersteller inzwischen eine “Cloud-First”-Strategie.

Für viele Unternehmen ist aber die On-Premise-Version nach wie vor ein k.o.-Kriterium bei der Kaufentscheidung. Extrem sensible Unternehmensdaten gehören nicht in die Cloud – und alles andere sollte bei einem Anbieter liegen, der Datenschutz und Verschlüsselung sehr ernst nimmt und entsprechend transparent mit seinen Kunden umgeht.

Funktion und Leistungsumfang

Kann Facebook vielleicht (noch?) nicht beim Thema Datenschutz wirklich punkten, so doch sicherlich bei der Funktionalität. Die beiden genannten Platzhirschen tun sich hier immer noch schwer – auch, wenn sie in den letzten Jahren einiges für die Benutzerfreundlichkeit getan haben. Bei jeder Einweisung zu IBM Connections stellt man aber immer wieder fest, wie unlogisch das System für einen neuen Benutzer teilweise aufgebaut ist und welche als selbstverständlich angenommenen Funktionen in einer immerhin fast 10 Jahre am Markt befindlichen Software immer noch fehlen. Spricht man mit Sharepoint-Nutzern, so sind die Schwierigkeiten ähnliche.

Facebook ist allein schon deswegen intuitiv, weil es eine große Anzahl der Mitarbeiter eines Unternehmens nutzen. Beobachtet man die Dynamik der öffentlichen Facebook-Software und die schnelle Adaption von neuen Technologien in die Software, kann man sich vorstellen, wie schnell Facebook at Work im Funktionsumfang wachsen wird. Auch wenn sicherlich nicht jede Funktion im Unternehmenskontext benötigt wird, können IBM und Microsoft hier nur mit offenem Mund dastehen.

Fazit

Es wird durchaus spannend, ab Facebook in den Unternehmen eine Chance hat. Die Transformation von der “Datenkrake” zum ernsthaften Anbieter von Unternehmensanwendungen haben Amazon und insbesondere Google bereits geschafft bzw. sind mitten drin in diesem Prozess. Warum sollte dies nicht auch Facebook gelingen können. Und es wäre nicht das erste Mal, dass Benutzer sich für eine Software entscheiden, auch wenn alle Aspekte eines ordentlichen IT-Betriebs dagegen sprechen. Whatsapp und Dropbox als heimliche Unternehmensanwendungen lassen grüßen.

Nachtrag vom 12.10.2016

Die Vorstellung ist inzwischen erfolgt. Der Name lautet jetzt “Workplace by Facebook” und ist unter der Adresse https://workplace.fb.com/ erreichbar. Die Preise sind gegenüber anderen Netzwerken (noch?) moderat: zwischen 1 und 3$ pro User zahlt man pro Monat – abhängig von der Firmengröße. Einschränkungen zum Speicher gibt es nicht.

Für welchen Betrag würden Sie auf XING oder Facebook verzichten?

Welchen Betrag müsste man den Deutschen bezahlen, damit sie auf ihren Xing- oder Facebook-Account verzichten? Die Hubert Burda Medien als Mehrheitseignerin an der Xing AG hat genau vom der TÜV Nord Gruppe und dem Statistikportal Statista diese Frage beantworten lassen. Das erstaunliche Ergebnis: Für mindestens 500 Euro würden sich 58 Prozent von Facebook, 51 Prozent von Xing, 41 Prozent von LinkedIn und 38 Prozent von Google+ trennen.

Deutlich wird damit, dass diese Netzwerke den Deutschen sehr wichtig sind und offensichtlich einen erheblichen Mehrwert haben.

Was bedeutet das für Unternehmen? Dort arbeitet man meist noch mit den klassischen Kommunikationstools; der Einzug von sozialen Netzwerken beginnt gerade erst. Ich denke, wenn man eine ähnliche Umfrage bei den bekannten Vorreitern in Auftrag geben würde, dann wäre mindestens ein ähnliches Ergebnis zu erwarten.

Schon heute nutzen viele Mitarbeiter ihr privates Equipment auch für dienstliche Belange. So wird zum Beispiel das private soziale und mobile Netzwerk “WhatsApp” bei immer mehr Mitarbeitern auch für dienstliche Belange eingesetzt – oft intensiver als es den Unternehmen aus Sicht des Datenschutzes lieb ist. Höchste Zeit, ein unternehmensinternes Xing und Facebook bereitzustellen. Ach ja, vorher über die Unternehmenskultur nachdenken, bitte!

WhatsApp: Die Nutzungsbedingungen mal genauer angesehen

Passend zum Thema des beim letzten Mal geposteten NSA-Vortrags auf der 30C3-Konferenz habe ich einen Blogbeitrag von Klaus Düll gefunden, der sich mit den Nutzungsbedingungen von WhatsApp auseinander setzt.

Sein durchaus nachvollziehbares Fazit lautet wie folgt:

“Jeder Mensch, der nach dem Lesen und Ver­ste­hen die­ser Nut­zungs­be­din­gun­gen noch Whats­App nutzt, han­delt ver­ant­wor­tungs­los. Ver­ant­wor­tungs­los gegen­über sich selbst und noch stär­ker gegen­über sei­nen Freun­den und Bekann­ten, die auf sei­nem Smart­phone gespei­chert sind und Whats­App nicht nut­zen. Denn diese haben dem WhatsApp-​Nutzer zu kei­nem Zeit­punkt gestat­tet, die Bezie­hung zu ihnen ohne Rück­frage auf ame­ri­ka­ni­sche Ser­ver zu über­mit­teln und sie so unge­wollt in das Big-​Data-​Modell von Whats­App einzubauen.

Wer Whats­App ver­stan­den hat, nutzt es nicht. Und wer es ver­stan­den hat sollte auch für ein Ver­bot die­ser in mei­nen Augen kri­mi­nel­len App ein­tre­ten. Denn es bedarf kei­ner allzu gro­ßen Den­kleis­tung, warum es sich Whats­App leis­ten konnte das mil­li­ar­den­schwere Kauf­an­ge­bot von Google aus­zu­schla­gen. Na warum wohl? Na, wem gehört Whats­App wohl? Die Ant­wort dürfte jeder Leser jetzt sel­ber herausfinden …” (Zitat o.g. Blogbeitrag).

Mal sehen, wie lange der Schock bei mir persönlich anhält und ob ich dieses superpraktische Programm ignorieren kann. Ich befürchte ja, es ist wie beim Auto fahren: obwohl es gefährlich ist, fahre ich doch immer mal wieder schnell über die Autobahn. Langsam wäre sicherer, gar nicht am sichersten…